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Höchstgeschwindigkeit Sprinter 4,6 to

Immer Ärger mit dem „Sprinter“


Fahrzeuge des Typs „Sprinter“  oder vergleichbare Fahrzeuge anderer Fahrzeughersteller sind nicht ohne Grund beliebt:

Großer Laderaum bei entsprechender Motorisierung erlaubt eine Höchstgeschwindigkeit, die einem normalen Pkw nur wenig nachsteht  –  kein Wunder, steht doch im Fahrzeugschein unter der Rubrik Fahrzeugtyp  „Pkw geschlossen“.

Doch schon bald mussten sich die Finanzgerichte mit diesen Fahrzeugen beschäftigen, da es doch viel angenehmer ist, die Steuern für einen Lkw und nicht für einen Pkw zu zahlen.

Es mag sein, dass damit die oft zitierten „schlafenden Hunde“ geweckt wurden, denn getreu dem Grundsatz „Wenn schon Lkw, dann aber richtig und durchgängig“ folgten die ersten Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten, insbesondere wegen Geschwindigkeitsverstößen.

So entschied das BayObLG (DAR 2003, 469-471):

1.      Dass ein Kraftfahrzeug in den Papieren als „ Kombilimousine „ bezeichnet ist, ändert an der rechtlichen Einordnung als Lastkraftwagen jedenfalls dann nichts, wenn sein zulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt.

2.      Der Fahrer eines solchen Kraftfahrzeugs darf sich nicht auf die Auskunft seines Arbeitgebers verlassen, das Fahrzeug sei wie ein Pkw zu behandeln.

3.      Beruht ein Geschwindigkeitsverstoß nicht auf besondere Rücksichts- oder Verantwortungslosigkeit des Betroffenen, sondern auf seiner Verbotsunkenntnis, kann es im Einzelfall an der Notwendigkeit fehlen, mit der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbotes erzieherisch auf den Betroffenen einzuwirken.

Was nichts anderes bedeutet als dass damit für einen Sprinter - und alle vergleichbaren Fahrzeuge - dann eben auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit für LKWs gilt, also 80 km/h.

Der Fahrer wurde also entsprechend bestraft (unter anderem mit drei Punkten im Register), nur ausnahmsweise droht ihm kein Fahrverbot.

Das Amtsgericht Freiburg entschied mit Urteil vom 2.3.2004 (29 OWi 55 Js 35869/03):

1. der Führer eines Fahrzeuges Mercedes Benz Sprinter der Firma Daimler Chrysler ist nach derzeitiger Rechtslage nicht zu verurteilen, weil er auf einem Autobahnabschnitt die dort für Lastkraftwagen geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten hat.

2. die Zulassung des geführten Fahrzeuges Mercedes Benz Sprinter mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 Tonnen als „ PKW geschlossen“ entfaltet eine Legalisierungswirkung dahingehend, dass es auch wie ein Personenkraftwagen im Straßenverkehr teilnehmen kann. Diese Fahrzeuge besitzen eine Zulassung, für die ausschließlich die EG-Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG maßgeblich ist.


Damit stellte sich das Amtsgericht Freiburg immerhin gegen das  BayObLG, jedoch mit guten Gründen.

Seiner Rechtsprechung treu bleibend entschied das Amtsgericht Freiburg mit Urteil vom 15.3.2004 (NZV 2004, 265-267):

1. Sowohl der zulassungsrechtliche Status eines Sprinters (Kombifahrzeug) als Personenkraftwagen als auch das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot stehen einer Bejahung des Tatbestandsmerkmals  „Lastkraftwagen“ entgegen.

2. Selbst die Bejahung des Tatbestandsmerkmals  „Lastkraftwagen“ schließt eine Verurteilung im subjektiven Bereich aus, da ein unvermeidbarer Irrtum vorliegt.

3. Selbst bei Annahme eines vermeidbaren normativen Irrtums ist die Verhängung eines Fahrverbots ausgeschlossen.

Dieser überzeugenden Auffassung des Amtsgerichts Freiburg wollte sich das Amtsgericht Linz in seiner Entscheidung vom 3.8.2004 (DAR2004,719) nicht anschließen und entschied:

Die zulässige Geschwindigkeit eines Fahrzeugs Daimler-Chrysler Typ Sprinter beträgt 80 km/h. Dies ergibt sich aus § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO, da es sich um ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen und nicht um einen Pkw handelt. Eine bußgeldrechtliche Einordnung als Pkw ist nach § 23 Abs. 6 StVZO nicht möglich, da das Fahrzeug ein über 2,8 Tonnen hinausgehendes zulässiges Gesamtgewicht hat. Dieser Einordnung widerspricht nicht dem europäischen Recht.

Klarheit konnte damit nur eine höchstrichterliche Entscheidung bringen, somit die Entscheidung eines Oberlandesgerichts.

Schließlich entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 25.8.2004 (NZV 2005,380-382):

1. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Kleintransporter (Kfz Typ „ Sprinter“ des Herstellers Mercedes-Benz) der Geschwindigkeitsbeschränkung für Lastkraftwagen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO unterfällt, kommt es auf die Eintragung der Fahrzeugart in den Kfz-Papieren (hier: „PKW geschlossen“) nicht an. Es ist auf dessen konkrete Bauart und Einrichtung abzustellen.

2. Ordnet der Betroffene Fahrzeugführer sein Fahrzeug irrtümlich als PKW ein und führt dies zur Nichtbeachtung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO, befindet er sich in einem Verbotsirrtum gem. § 11 Abs. 2 OWiG.

Dies war nun nicht die erhoffte Klarstellung, sondern eher ein salomonisches Urteil, denn einerseits bleibt es dabei, dass es sich bei dem Sprinter um einen LKW handelt und er „ eigentlich“ als LKW zu behandeln ist, andererseits kann der Fahrer, der in wie einen PKW benutzt, also auch nicht die zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h einhält, dafür nicht bestraft werden.

Klar ist, dass dies einen unbefriedigenden Zustand darstellte. Die Eigentümer und insbesondere die Fahrer solcher Fahrzeuge können sich nicht sicher sein, was nun gilt - dies gilt aber auch für Polizeibeamte im Falle von Geschwindigkeitsmessungen und Kontrollen.

Nach den gesetzlichen Vorschriften und Definitionen führt ein sogenannter  „Verbotsirrtum“ nur dann zur Straflosigkeit, wenn er unvermeidbar ist.

Damit bot sich (zumindest für die Gerichte) an dieser Stelle eine Lösung an und so entschied das Thüringer Oberlandesgericht mit Urteil vom 12.10.2004 (NJW 2004,3579 - 3581):

1. Auf die Bezeichnung eines Kraftwagens in den Fahrzeugpapieren (Betriebserlaubnis, Fahrzeugbrief, Fahrzeugschein) als PKW oder als LKW kommt es bei der Anwendung von Verhaltensvorschriften der StVO (hier: zulässige Höchstgeschwindigkeit) nicht an.

2. Die Straßenverkehrsordnung enthält keine gesetzliche Definition der Begriffe  „Lastkraftwagen“ und  „Personenkraftwagen“. Für die Einordnung eines Fahrzeugs (hier: Mercedes Sprinter) im Sinne der StVO ist auf dessen konkrete Bauart, Ausstattung und Einrichtung abzustellen.

3. Zwar liegt für einen juristischen Laien die Annahme durchaus nahe, dass die in den Zulassung Papieren angegebene Bauart des Fahrzeugs auch im übrigen Straßenverkehrsrecht, insbesondere also auch für die Straßenverkehrsordnung, maßgeblich ist. Ein Verbotsirrtum ist jedoch als vermeidbar anzusehen, wenn sich das in den Fahrzeugpapieren als  „PKW“ bezeichnete Fahrzeug zur Tatzeit nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustand befand, sondern für den überwiegenden Gütertransport umgebaut war.

Dies ließ sich das Amtsgericht Freiburg nun nicht länger gefallen und entschied am 14.1.2005, dass der europäische Gerichtshof darüber zu entscheiden habe, ob die Behandlung eines Fahrzeugs als LKW trotz entgegenstehender Eintragung in den Fahrzeugpapieren (auf Grund einer EG-Richtlinie) mit EU-Recht vereinbar sei.


Auf Grund der Rechtsunsicherheit beschloss in der Folge das OLG Hamm am 16.8.2005 (1 Ss Owi 272/05), die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen (ausnahmsweise) zuzulassen, der  „mit einem als PKW zugelassenen Kraftfahrzeug der Marke Daimler-Chrysler, Typ  „Sprinter“, ausgestattet mit einer separaten Ladefläche, die durch eine dauerhaft installierte Wand von der mit einer Sitzbank versehenen Fahrgastzelle abgetrennt und mit Aktivkohle beladen war, mit einer anhand des Schaublattes ermittelten vorwerfbaren Geschwindigkeit von 120 km/h (nach Abzug einer Toleranz von 6 km/h) befahren“ hatte.

Danach entschied das OLG Hamm mit Urteil vom 21.9.2005 (NJW 2006,245 - 247):

1. Ein Kraftfahrzeug der Marke Daimler-Chrysler, Typ Sprinter, mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 Tonnen ist ungeachtet einer etwaigen Bezeichnung als  „PKW“ in den Fahrzeugpapieren straßenverkehrsordnungrechtlich als LKW einzustufen, wenn dieses Fahrzeug nach seiner konkreten Bauart, Ausstattung und Einrichtung nicht zur Beförderung von Personen, sondern zur Beförderung von Gütern geeignet und bestimmt ist.

2, Nimmt der Fahrzeugführer, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, an, das Fahrzeug sei entsprechend der Eintragung in de Kfz-Papieren als PKW einzuordnen, handelt es sich um einen vermeidbaren Verbotsirrtum, wenn es hinsichtlich der Einstufung des Fahrzeugs nach einem Gespräch mit seinem Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten über eine für das Fahrzeug bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung bereits ein hinreichendes Problembewusstsein hatte und der sich daraus ergebenden Prüfungs- und Erkundigungspflicht nicht genügt.

Diese Entscheidung entspricht der des OLG Hamm vom 22.8.2005 (NJW 2006,241 - 245), in der noch ausdrücklich aufgeführt ist:

Wenn ein gegenüber dem Auslieferungszustand unverändertes Fahrzeug, dessen Beschaffenheit und Ausstattung noch den Zulassungspapieren entspricht, in den Zulassungspapieren als PKW bezeichnet wird, liegt für einen juristischen Laien die Annahme nahe, dass die in den Fahrzeugpapieren angegebene Fahrzeugart auch im übrigen Straßenverkehrsrecht, insbesondere also auch im Anwendungsbereich der das Verhalten im Verkehr regelnden StVO, maßgeblich ist. Die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums ist nur dann nicht gegeben, wenn für den Betroffenen zum Vorfallszeitpunkt unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse Anlass bestanden hätte, über die verkehrsordnungsrechtliche Qualität des hier in Rede stehenden Verhaltens (Geschwindigkeitsüberschreitung) näher nachzudenken und Erkundigungen einer zuverlässigen und fachkundigen Auskunftsperson einzuholen.


Was letztlich nichts anderes bedeutet, als das nunmehr jeder, der mit einem Fahrzeug dieses oder eines vergleichbaren Typs mit einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h festgestellt wird, mit den Behörden und in der Folge gegebenenfalls vor Gericht wird diskutieren müssen, ob er denn nicht jemand hätte fragen können bzw. - sollte er jemanden gefragt und eine falsche Auskunft erhalten- ob er diese Auskunftsperson für zuverlässig halten durfte.

So blieb also nur der europäische Gerichtshof, der mit Urteil vom 13.07.2006 (C-83/05) entschied:

Die Richtlinie 70/156/EWG des Rates vom 6.2.1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger i. d. F. der Richtlinien 92/53/EWG des Rates vom 18.6.1992 ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Fahrzeug der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art nicht den nationalen Geschwindigkeitsvorschriften für Pkw unterliegt, sondern den Vorschriften für Lastkraftwagen, obwohl dieses Fahrzeug auf Grund einer in Anwendung der Richtlinie ergangenen EG-Typgenehmigung als Pkw zugelassen wurde.

Damit ist nun endgültig geklärt, dass ein Sprinter (oder ein vergleichbares Fahrzeug) nicht schneller als 80 km/h fahren darf und aufgrund der entsprechenden Bericht der über die Problematik in der zurückliegenden Zeit sich kein Fahrer mehr darauf berufen darf (und kann), er habe sich auf die Eintragungen  „P“kw“ verlassen.

Damit ist nachstehende bisherige Beitrag überholt, wobei er jedoch weiter als Argumentationshilfe dienen kann.

Zulässige Höchstgeschwindigkeit mit einen Mercedes Sprinter mit einem zul. Gesamtgewicht von 4.6t. Das Fahrzeug hat eine PKW - Zulassung.


Der Fall ist offensichtlich kompliziert - und (jedenfalls derzeit) nicht eindeutig zu klären.


So hat das Amtsgericht Freiburg genau mit einem Sprinter und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beschäftigt - und kam zu dem Ergebnis, dass der Fall nicht zu entscheiden ist.

Und hat das Verfahren dem europäischen Gerichtshof vorgelegt, dies wie folgt begründet:

(Aus der Begründung der Vorlage ergibt sich recht gut die - uneinheitliche - Handhabung der Behörden, nämlich die überwiegende Einstufung des sprinter als Lkw - trotz Fahrzeugschein Pkw - und damit die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h. Also: derzeit VORSICHT!) 

(Vorlage zur Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung der Betriebserlaubnisrichtlinie: Überschreitung der für Lastkraftwagen geltenden Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen mit einem nach der EG-Typgenehmigung als Personenkraftwagen zugelassenen Fahrzeug Daimler-Chrysler Typ Sprinter)

Orientierungssatz
Dem Europäischen Gerichtshof werden im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b Alt. 2 EGV folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:


a) Ist die Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG in der Fassung der Richtlinie 92/53/EWG des Rates vom 18. Juni 1992, umgesetzt in deutsches Recht in der EG-TypV (Verordnung über die EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge und Fahrzeugteile vom 9. Dezember 1994, zuletzt geändert am 7. Februar 2002) dahingehend auszulegen, dass der Führer eines Kraftfahrzeuges, dessen Fahrzeug als Personenwagen infolge einer Betriebserlaubnis aufgrund EG-Typgenehmigung zugelassen worden ist, auch berechtigt, das Fahrzeug als genehmigten Fahrzeugtyp im Straßenverkehr in Betrieb zu nehmen, und ist der Führer dieses Kraftfahrzeuges insbesondere auch nur den für Personenkraftwagen geltenden Geschwindigkeitsgeboten unterworfen?

b) Dürfen die für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden die vom Kraftfahrt-Bundesamt ausgestellten Betriebserlaubnisse nach EG-Typgenehmigung und die von deutschen ZULASSUNGSSTELLEN erteilten, auf diesen EG-Typgenehmigungen beruhenden ZULASSUNGEN als nicht maßgeblich bei der Einordnung des Fahrzeugtyps erklären, wenn es um die Feststellung der vom Führer eines solchen Fahrzeugtyps einzuhaltenden Geschwindigkeitsgebote geht?

Tenor: Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof werden im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 1 lit. b) 2. Alt. EG-Vertrag (EGV) folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:


        1. Ist die Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG in der Fassung der
        Richtlinie 92/53/EWG des Rates vom 18.6.1992, umgesetzt in deutsches
        Recht in der EG-TypV (Verordnung über die EG-Typgenehmigung für
        Fahrzeuge und Fahrzeugteile vom 9.12.1994, zuletzt geändert am
        7.2.2004) dahingehend auszulegen, dass der Führer eines
        Kraftfahrzeuges, dessen Fahrzeug als Personenkraftwagen infolge einer
        Betriebserlaubnis aufgrund EG-Typgenehmigung zugelassen worden ist,
        auch berechtigt ist, das Fahrzeug als genehmigten Fahrzeugtyp im
        Straßenverkehr in Betrieb zu nehmen, und ist der Führer dieses
        Kraftfahrzeuges insbesondere auch nur den für Personenkraftwagen
        geltenden Geschwindigkeitsgeboten unterworfen?

        2. Dürfen die für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
        zuständigen Behörden die vom Kraftfahrt-Bundesamt ausgestellten
        Betriebserlaubnisse nach EG-Typgenehmigung und die von deutschen
        ZULASSUNGSSTELLEN erteilten, auf diesen EG-Typgenehmigungen
        beruhenden ZULASSUNGEN als nicht maßgeblich bei der Einordnung des
       Fahrzeugtyps erklären, wenn es um die Feststellung der vom Führer
       eines solchen Fahrzeugtyps einzuhaltenden Geschwindigkeitsgebote geht?

Der Europäische Gerichtshof wird zur Entscheidung der vorgelegten Fragen in dem derzeit beim Amtsgericht Freiburg anhängigen Bußgeldverfahren 29 OWi 550 Js 6928/04 - AK 225/04 nach Art. 234 EG-Vertrag angerufen.


Gründe
<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Sachverhalt wurde vom Gericht wie folgt mitgeteilt.>

I. Verfahrensgeschichte
Am 18.11.2003 erließ das Regierungspräsidium Karlsruhe - Bretten - gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid. Nach §§ 18 Absatz (Abs.) 5, 49 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), §§ 24, 25 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Verbindung mit 11.1.9 BKat sowie § 4 Abs. 1 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) wurden eine Geldbuße von 275,00 EUR nebst einem zweimonatigen Fahrverbot und vier Punkten im Verkehrszentralregister verhängt.

Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, am 21.10.2003 als Führer eines Kraftfahrzeugs des Typs Sprinter mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 t der Firma Daimler-Chrysler AG die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf einer Bundesautobahn außerhalb geschlossener Ortschaften um 54 km/h überschritten zu haben. Dabei habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Lastkraftwagen 80 km/h, die festgestellte Geschwindigkeit des vom Betroffenen geführten Kraftfahrzeuges abzüglich der erforderlichen Toleranz 134 km/h betragen.

Mit Hinweis auf den Fahrzeugbrief und der darin ausgestellten ZULASSUNG des geführten Kraftfahrzeuges als Personenkraftwagen, sowie die Bestätigung des Herstellers und die Bestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes legte der Betroffene am 27.11.2003 Einspruch ein.

Die Staatsanwaltschaft Freiburg hat mit Verfügung vom 10.3.2004 die vorliegende Akte dem Amtsgericht Freiburg zur Entscheidung über den Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe - Bretten - vom 18.11.2003 im Bußgeldverfahren vorgelegt. Am 29.04.2004 erließ das Amtsgericht Freiburg zu obigem Aktenzeichen ein freisprechendes Urteil gegen den Betroffenen, nachdem das erkennende Amtsgericht bereits am 02.03.2004 einen vergleichbaren Sachverhalt durch Freispruch entschieden hatte (AG Freiburg NZV 2004, S. 265 ff).


Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Freiburg hat der zur Entscheidung berufene 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Karlsruhe am 26.8.2004 (2 Ss 126/04) die freisprechende Entscheidung des Amtsgerichts Freiburg aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Freiburg zurückverwiesen.


II. Rechtliche Problemstellung
Im Zentrum des vom Amtsgericht zu entscheidenden Verfahrens steht die Frage, ob ein Fahrzeug des Typs Sprinter der Firma Daimler-Chrysler AG mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 t, für das eine EG-Typgenehmigung M 1 vorliegt, und das von den deutschen ZULASSUNGSBEHÖRDEN als Personenkraftwagen in den amtlichen ZULASSUNGSPAPIEREN eingetragen wird, auf einer Bundesautobahn auch wie ein in der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht beschränkter Personenkraftwagen geführt werden darf.

Durch die 20. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 9.12.1994 wurde die Betriebserlaubnisrichtlinie mit ihrem Institut der EG-Typgenehmigung als EG-TypV in deutsches Recht umgesetzt. Bis 1992 sahen die Rechtsvorschriften lediglich eine freiwillige Umsetzung der Gemeinschaftsregeln vor, bis 1996 bestand ein Wahlrecht (optionelle Harmonisierung), vgl. Jagow, DAR 1992, S. 453 (456). Die EG-Typgenehmigung für Personenkraftwagen wurde ab dem 1.1.1996 für vollständige und ab dem 1.1.1998 für nach der Mehrstufen-Typgenehmigung vervollständigte Fahrzeuge verbindlich. Seitdem sind die Mitgliedsstaaten zur Anwendung und Einhaltung des EG-Typgenehmigungsverfahrens nach Art. 2 der Richtlinie 92/53/EWG verpflichtet (totale Harmonisierung), vgl. Jagow, DAR 1992, S. 453 (456); Dolde/Bitterich, Rechtsgutachten zur Frage, ob die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen gem. § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO für das Fahrzeug MB Sprinter mit zulässigem Gesamtgewicht von 4,6 t gilt, S. 29.

Das Institut der EG-Typgenehmigung wurde in § 18 Abs. 1

STRAßENVERKEHRS-ZULASSUNGS-ORDNUNG (StVZO) als gleichberechtigt neben der nationalen Betriebserlaubnis eingeführt, und wird vom Kraftfahrt-Bundesamt und den deutschen ZULASSUNGSSTELLEN im Rahmen des nationalen ZULASSUNGSVERFAHRENS auch angewendet und beachtet. Damit wurde das Institut der europäischen Betriebserlaubnis innergesetzlich harmonisiert und inkorporiert.

Die so genannten Sprinter-Kraftfahrzeuge gehören zu der modernen Generation technisch hochwertiger, optional als Personen- oder Lastkraftwagen einsetzbarer Kraftfahrzeuge, die zur Personenbeförderung ausgelegt sind, was insoweit für ihre Qualifizierung als Personenkraftwagen im Sinne der EG-Typgenehmigung der Klasse M 1 genügt. Tatsächlich werden sie aber regelmäßig zum Gütertransport eingesetzt und sind nicht konkret zur Personenbeförderung bestimmt. Eine ausdrückliche Regelung für optional als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen verwendbare Kraftfahrzeuge besteht nach den Vorschriften für die Zuteilung amtlicher Kennzeichen nach § 23 Abs. 6 lit. a StVZO nur für Kraftfahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 2,8 t. Die amtlichen Kennzeichen unterscheiden sich optisch nicht danach, ob eine ZULASSUNG als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen vorliegt.

Einige für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständige Behörden erkennen die EG-Typgenehmigungen seit 2003 nicht mehr an, sondern fordern, dass auch die nationalen Voraussetzungen für eine Inbetriebnahme dieser Kraftfahrzeuge erfüllt sein müssen, anderenfalls entsprechende Geschwindigkeitsübertretungen geahndet werden. Diese Verfolgungspraxis hat sich regional unterschiedlich entwickelt. In Baden-Württemberg unterwerfen das Regierungspräsidium Karlsruhe - Bretten - und die Staatsanwaltschaft Freiburg als zuständige Verfolgungsbehörden die Lenker der betroffenen Kraftfahrzeuge jener für Personenkraftwagen ausdrücklich nicht geltenden, in § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO normierten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h, obwohl die Sprinter-Kraftfahrzeuge nach Erteilung einer EG-Typgenehmigung der Klasse M 1 als Personenkraftwagen im Straßenverkehr zugelassen sind. Den in § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO nicht definierten Begriff Personenkraftwagen legen die Verfolgungsbehörden nicht länger entsprechend der Eintragung in den ZULASSUNGSPAPIEREN aus, sondern greifen auf nationale Vorschriften der Fahrzeugtypbestimmung, insbesondere auf § 23 Abs. 6 lit. a StVZO und § 4 Abs. 4 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) mit dem dort normierten zusätzlichen Erfordernis der konkreten Bestimmung zur Personenbeförderung zurück.


An dieser konkreten Bestimmung zur Personenbeförderung lassen die Verfolgungsbehörden bei der Auslegung von § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO die Einordnung der in Frage stehenden Sprinter-Kraftfahrzeuge als Personenkraftwagen - entgegen ihrer amtlichen ZULASSUNG als Personenkraftwagen - scheitern. Der fehlenden Bestimmung zur Personenbeförderung, die der Erteilung einer nationalen Betriebserlaubnis entgegensteht, war von den Herstellern und Haltern der optional einsetzbaren Sprinter-Kraftfahrzeuge dadurch Rechnung getragen worden, dass sie nicht die nationale Betriebserlaubnis, sondern die dieser gleichgestellte EG-Typgenehmigung eingeholt und der späteren ZULASSUNG zugrunde gelegt haben, wenn eine Nutzung als Personenkraftwagen beabsichtigt war.

Die zunächst in Bayern eingeführte neue Verfolgungspraxis wurde von Seiten eines deutschen Obergerichtes erstmals im Juli 2003 bestätigt. Mit dem Argument, dass die Sprinter-Kraftfahrzeuge über ein zulässiges Gesamtgewicht von über 2,8 t verfügen und somit nach § 23 a Abs. 6 lit. a StVZO im nationalem Recht nicht als Personenkraftwagen gelten könnten, hat sich das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Beschluss vom 23.07.2003 - 1 ObOWi 219/03 (= NZV 2004, S. 263 ff; NJW 2004, S. 306 ff; DAR 2003, S. 469 ff; VD 2003, S. 267 ff) auf den Standpunkt gestellt, dass Sprinter-Kraftfahrzeuge mit einem zulässigem Gesamtgewicht von 4,6 t im Straßenverkehr als Lastkraftwagen anzusehen seien mit der Konsequenz, dass sie der in § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO normierten zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h unterworfen seien. Dieser Rechtsprechung hat sich im August 2004 der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Ergebnis angeschlossen.


Die beiden Obergerichte haben die Frage offengelassen, wie die Diskrepanz zwischen dem von den ZULASSUNGSBEHÖRDEN angewendeten EU-Recht (Eintragung als Personenkraftwagen aufgrund Betriebserlaubnis nach EG-Typgenehmigung) und dem von den Verfolgungsbehörden angewendeten - entgegenstehenden - nationalen Recht zu bewerten ist (kritisch insoweit Blümel, DAR 2004, S. 39; ähnlich Kramer, Anmerkungen zum Sprinterbeschluss, VD 10/03, S. 268).

In Deutschland wird wegen dieser Divergenz eine Regelung durch den europäischen Gesetzgeber gefordert, zuletzt auf dem 42. Deutschen Verkehrsgerichtstag 2004 in Goslar ( Scheibach in: 42. Deutscher Verkehrsgerichtstag, 2004, S. 47 (52), andere forderten eine spezielle bundesgesetzliche Regelung ein (vgl. Blümel, DAR 2004, S. 39 (40), der jedenfalls derzeit noch keine Sperrwirkung für die Schaffung einer - dem europarechtlich geprägten - ZULASSUNGSRECHT direkt widersprechenden nationalen Verhaltenssanktionsnorm annimmt).


Diese nationale Verfolgungspraxis bedeutet praktisch, dass Rechtsvorschriften der EU, die nach Umsetzung in nationales Recht unmittelbare Geltung beanspruchen, in dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zwar von den ZULASSUNGSBEHÖRDEN angewendet, jedoch von den für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden als nicht maßgeblich erachtet werden. Dieses Auseinanderfallen von ZULASSUNGS- und Verhaltensrecht ist ein rechtlicher Zustand, dessen Anerkennung im Ergebnis dazu führt, dass die europäische Betriebserlaubnisrichtlinie keine (Norm-) Geltung beanspruchen kann.


III. Zulässigkeit der Vorlage

1. Vorlagerecht nach Art. 234 Abs. 1 lit. b) 2. Alt. i.V.m. Art. 249 Abs. 3 EGV
Nach Art. 234 Abs. 1 lit. b) 2. Alt. i.V.m. Art. 249 Abs. 3 EGV können sich die nationalen Gerichte an den Europäischen Gerichtshof wenden, das Verfahren aussetzen und die Frage zur Vorabentscheidung vorlegen, wie ein von den Gemeinschaftsorganen erlassener Rechtsakt, vorliegend die europäische Betriebserlaubnisrichtlinie, auszulegen ist. Ziel ist es, eine einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts und die Einheitlichkeit der gemeinschaftlichen Rechtsordnung zu gewährleisten, EuGH Rs. 166/73, Rheinmühlen/Einfuhr- und Vorratsstelle Getreide , Slg. 1974, 33 Rn 2; Rs. 107/76, Hoffmann La Roche/Centrafarm , Slg. 1977, 957 Rn 5; Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 1. Aufl., 2000, Art. 234 EGV Rz 2.

2. Verfahrensgegenstand: Auslegung des Instituts der europäischen Betriebserlaubnis in der Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG in der Fassung der Richtlinie 92/53/EWG des Rates vom 18.6.1992

Der Europäische Gerichtshof ist im Rahmen des Vorlageverfahrens zwar nicht befugt, nationales innerstaatliches Recht auszulegen, noch seine Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht zu beurteilen, wie ihm dies im Rahmen des Art. 226 EGV möglich wäre ( Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 13; EuGH Rs. 6/64, Costa/E.N.E.L. , Slg. 1964, 1251, 1268; Rs. c-292/92, Hünermund u.a ., Slg. 1993, I-6787 Rn 8. Es gibt jedoch kein deutsches nationales Recht, das ausdrücklich im Widerspruch zur europäischen Betriebserlaubnisrichtlinie steht. Es geht daher auch nicht um die Vereinbarkeit eines deutschen Gesetzes mit der Betriebserlaubnisrichtlinie, sondern genuin um die Auslegung jener europäischen Betriebserlaubnisrichtlinie als einer gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie, womit ein Anwendungsfall von Art. 234 Abs. 1 lit. b) EGV eröffnet ist ( Wegener in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EUV/EGV -, 2. Aufl., Art. 234 Rz 5; Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 8, unter Hinweis auf EuGH Rs. 111/75 Mazzalai/Ferrovia del Renon, Slg. 1976, 657 Rn 7/11; Lenz/Borchard, EG-Vertrag. Kommentar zu dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, 2. Aufl., 1999, Art. 234 Rz 8).

Soweit Gemeinschaftsvorschriften durch nationales Recht für anwendbar erklärt worden sind, obliegt dem Europäischen Gerichtshof ebenfalls die Prüfung jener Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes, auf die im nationalen Recht (hier: in der EG-TypV) verwiesen wird ( Schwarze in : Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 15).

3. Kein Ausschluss des Vorlagerechtes wegen nationaler Alleinkompetenz des nationalen Staates für Bußgeld- und Strafrechtsvorschriften

Es kann auch kein Ausschluss des Vorlagerechts mit der Begründung angenommen werden, dass die Bundesrepublik die alleinige Kompetenz für Buß- und Strafrechtsvorschriften beibehalten hat und noch innehält.

Entsprechend dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sowie dem Subsidiaritätsprinzip ist der Bereich der buß- und strafrechtlichen Sanktionen allerdings weiterhin dem nationalen Gesetzgeber als einem der Herren der Verträge überlassen: mangels nationaler Souveränitätsverzichte bei Abschluss der Verträge fehlt eine supranationale Kriminalstrafgewalt. Jedoch hat der Europäische Gerichtshof bereits in der Rechtssache Costa/E.N.E.L. (EuGH Rs. 6/64, Costa/E.N.E.L., Slg. 1964, 1251, 1268) festgestellt, dass es ein Grundsatz des Gemeinschaftsvertrages ist, dass kein Mitgliedsstaat die Eigenart des Gemeinschaftsrechts antasten darf, im gesamten Bereich der Gemeinschaft einheitlich und vollständig zu gelten. Insoweit folgt aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue die grundsätzliche Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers und der für die Durchsetzung staatlicher Sanktionen zuständigen Behörden, kein Sanktionenrecht zu setzen, das Gemeinschaftsrecht widerspricht.

Zwar ist damit nicht der Umkehrschluss verbunden, dass gemeinschaftsrechtliche Vorschriften direkten Einfluss auf nationales Recht nehmen könnten (so das Amtsgericht Linz 2040 Js 10336/04 am 3.8.2004 unter Bezugnahme auf die freisprechende Entscheidung des Amtsgerichts Freiburg). Jedoch stellt die Verhängung von Fahrverboten und Geldbußen für erwartbar erlaubtes Handeln, das sich objektiv und subjektiv in Übereinstimmung mit europäischem inkorporiertem Recht befindet, eine Sanktion dar, die dem Gemeinschaftsrecht direkt widerspricht, und deren Nichtverhängung bereits vom Grundsatz der Gemeinschaftstreue geboten ist und keinen Umkehrschluss erfordert.


4. Kein Ausschluss des Vorlagerechts aus sonstigen Gründen

Ein etwaiger sonstiger Ausschluss des Vorlagerechts liegt nicht vor, da die aufgeworfenen Fragen weder bereits vom Europäischen Gerichtshof entschieden sind, noch die Betriebserlaubnisrichtlinie in ihrer Tragweitenbestimmung so klar auszulegen ist, dass nur eine einzige Auslegungsmöglichkeit besteht. Dies wird durch verschiedene, sich widersprechende Gerichtsentscheidungen deutlich. Während manche Gerichte angekündigt haben, die Betroffenen von den ihnen vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen freizusprechen, respektive freisprechen, stellen andere Gerichte die Verfahren mit Zustimmung der dortigen Staatsanwaltschaften ein, andere Gerichte verhängen keine Fahrverbote, manche verhängen minimale Geldbußen unterhalb der eintragungspflichtigen Grenze (40 Euro), und andere Gerichte verurteilen, wie von der Verwaltungsbehörde beantragt.

Ein Ausschluss des Vorlagerechts ist auch nicht im Hinblick auf die vom 2. Senat des Oberlandesgerichts Karlsruhe (2 Ss 126/04 unter Bezugnahme auf 2 Ss 80/04 in: VD 2004, 274 ff; VRS 107, 390 ff; DAR 2004, 715 ff) vorgenommenen Bestimmungen zur Auslegung und Tragweite der Betriebserlaubnisrichtlinie anzunehmen. Denn es handelt sich bei diesen gerichtlichen Ausführungen nicht um solche Gründe, die jene Aufhebungsentscheidung vom 26.8.2004 tragen und das Amtsgericht daher auch nicht binden.


5. Vorlageberechtigtes Gericht/Verfahrenssprache

Das Amtsgericht Freiburg ist ein ordentliches deutsches Gericht und somit ein zur Vorlage berechtigtes Gericht eines Mitgliedsstaates ( Wegener in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar EUV/EGV, Art. 234 Rz 11; Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 25). Die Verfahrenssprache ist deutsch als die Sprache des vorlegenden Gerichtes ( Wegener in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar EUV/EGV, Art. 234 Rz 29; Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 55).


6. Substantiierte Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.1.2003 (EUGHE 2003, 905 - 936) besteht für das vorlegende Gericht die Verpflichtung, die Erheblichkeit der Vorlagefrage nach Art. 234 Abs. 2 EGV für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreites substantiiert darzulegen, im einzelnen Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 35 ff. Insoweit wird im folgenden unter IV. die Entscheidungserheblichkeit der Tragweitenbestimmung der Betriebserlaubnisrichtlinie für den zu entscheidenden Fall spezifiziert.

IV. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen: Tragweitenbestimmung der Betriebserlaubnisrichtlinie

Die Beantwortung der vorgelegten Frage soll im Rahmen der Auslegung die Tragweite der Betriebserlaubnisrichtlinie mit ihrem Institut der EG-Typgenehmigung festlegen. Die Festlegung der Tragweite einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift gehört zum Auslegungsinhalt einer Normerläuterung durch den Europäischen Gerichtshof im Rahmen des Art. 234 EGV, Schwarze in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz 17. Dabei vertritt das Amtsgericht Freiburg die Rechtsauffassung, dass es das Gebot der Gemeinschaftstreue erfordert, europäisch geprägtes ZULASSUNGSRECHT und nationales Verhaltensrecht in ihren Tragweitenbestimmungen kongruent auszulegen.


Das Amtsgericht hatte bereits im 1. Quartal des Jahres 2004 im Vorfeld seiner Erstentscheidung erwogen, die vorgelegten Fragen an den Europäischen Gerichtshof zu richten, jedoch davon abgesehen, da nach Auffassung des Amtsgerichts ein Freispruch in der Sache nicht nur auf seine europarechtlich gebotene Auslegung zu stützen war (IV. 1. der Entscheidung des Amtsgerichts), sondern ungeachtet dessen sowohl in objektiver Hinsicht, als auch in subjektiver Hinsicht zu erfolgen hatte.


Nach Ansicht des Amtsgerichts verbot sich eine objektive Verurteilung in den vorliegenden Fällen bereits im Hinblick auf den verletzten strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, IV. 2. der Entscheidung des Amtsgerichts. Darüber hinaus hätte nach Ansicht des Amtsgerichts bereits folgender Gedanke den Freispruch - hilfsweise - auch in subjektiver Hinsicht tragen müssen: Die betroffenen Kraftfahrzeugführer hatten von dem angeblichen Normgebot, dass sie nur wie Führer eines Lastkraftwagens am Straßenverkehr hätten teilnehmen dürfen, keine Kenntnis. Die Bewertung ihrer als Personenkraftwagen zugelassenen Kraftfahrzeuge als Lastkraftwagen ist eine zu komplizierte normative Betrachtung, die sich weder den deutschen ZULASSUNGSSTELLEN, noch den die Kontrolle durchführenden Polizeidienststellen erschloss, so dass das Nachvollziehen, geschweige denn das vom Bayerischen Obersten Landesgericht geforderte kognitive Vorwegnehmen dieser Gedankengänge von einem durchschnittlichen Kraftfahrer nicht erwartet werden konnte, IV. 3 . der Entscheidung des Amtsgerichts.



Nachdem das freisprechende Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Karlsruhe im August 2004 aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ans Amtsgericht zurückverwiesen worden ist, ist jedoch davon auszugehen, dass der Senat bei einer erneuten Befassung im Instanzenzug im Falle eines wiederholten Freispruchs durch das Amtsgericht sowohl die genügende Bestimmtheit der Verbotsnorm bejahen, als auch einem normativen Irrtum über das Tatbestandsmerkmal Lastkraftwagen/Personenkraftwagen die tatbestandsausschließende Anerkennung versagen wird.


Somit kommt es entscheidend darauf an, ob die Betriebserlaubnis, die aufgrund der EWG-Erlaubnisrichtlinie 70/156 vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilt und von den deutschen ......



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