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HU Plakette aus Gefälligkeit

Mitgteilt von POK Burkhard Köhler                                                                                    06/2008 Autor des Handbuches Mängelerkennung am LKW ( s.u. ) Dir ZA ZVkD 221, Rudolstädter Straße 83-85, 10713 Berlin

Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) im Zusammenhang mit der Durchführung von HU und SP

Immer wieder werden durch technische Unterwegskontrollen Mängel an Fahrzeugen aufgedeckt, die zeitnah einer HU oder SP unterzogen wurden. In diesem Zusammenhang taucht dann die Frage auf, ob sich der amtlich anerkannte Sachverständige oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr (aaSoP) oder Prüfingenieur (PI) einer Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) schuldig gemacht hat, indem er die HU-Prüfplakette bzw. die SP-Prüfmarke zugeteilt und die vorhandenen geringen Mängel bzw. die Mängelfreiheit auf dem Untersuchungsbericht oder dem Prüfprotokoll vermerkt und mit seiner Unterschrift bestätigt hat, obwohl offensichtlich zum Zeitpunkt der Untersuchung schwerwiegende und nicht zu übersehende technische Mängel am Fahrzeug vorgelegen haben müssen.

Um die Ausführungen zu verkürzen, sei angemerkt, dass es sich bei einem aaSoP und PI (im Weiteren Prüfer genannt) um einen Amtsträger i. S. d. § 11 StGB handelt, der hoheitliche Aufgaben erfüllt und zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt ist.[1]

Letztmalig hat sich das BayObLG[2] im Jahr 1998 mit dieser Frage beschäftigt und in einer Revisionsverhandlung mit folgender Begründung eine Falschbeurkundung im Amt verneint.

Zitat:

„Das Landgericht verneint mit zutreffender Begründung die Strafbarkeit des dem Angeklagten angelasteten Verhaltens, unter Bezugnahme auf die zu dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur herrschende Meinung[3]. Danach stellt die Prüfplakette in Verbindung mit dem amtlich zugelassenen Kennzeichen und der entsprechenden Eintragung im Kraftfahrzeugschein zwar eine öffentliche Urkunde dar. Durch sie wird aber mit Beweiswirkung für und gegen jedermann nur der Nachweis des Termins der nächsten Hauptuntersuchung erbracht. Ein weiterer Erklärungswert, etwa daß der Prüfer den Wagen bei der Untersuchung als vorschriftsmäßig befunden habe, ergibt sich aus der Beurkundung nicht, sondern erst durch gedankliche Schlußfolgerung. Der Prüfbericht stellt nach dieser Rechtsmeinung schon keine Urkunde im Sinn des § 348 StGB dar, weil das darin bezeugte Ergebnis der Hauptuntersuchung keine Wirkung zu öffentlichem Glauben für und gegen jedermann bezeugt, sondern als Grundlage für die Entscheidung über die Erteilung der Prüfplakette im wesentlichen innerdienstlichen Zwecken dient. Der Senat teilt diese in Rechtsprechung und Schrifttum herrschende Auffassung. Eine andere strafrechtliche Beurteilung der Erteilung einer Prüfplakette trotz erkannter schwerer Fahrzeugmängel durch den TÜV-Prüfer ist auch nicht, wie die Staatsanwaltschaft meint, durch den mit Verordnung vom 15.1.1980 in § 29 StVZO, eingefügten Absatz 2 a geboten, wonach die Prüfplakette bescheinigt, daß das Fahrzeug zum Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung bis auf etwaige geringe Mängel für vorschriftsmäßig befunden worden ist. Die Überprüfung der Vorschriftsmäßigkeit zugelassener Fahrzeuge war auch vor der gesetzlichen Änderung der erkennbare Sinn und Zweck der gesetzlich angeordneten Untersuchung von Kraftfahrzeugen. Die in § 29 Abs. 2 a StVZO vorgenommene Klarstellung, daß die Prüfplakette eine positive Beurteilung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs bei der letzten Hauptuntersuchung bescheinige, erweitert jedoch nicht die Reichweite des öffentlichen Glaubens der Prüfplakette. Nach wie vor ist als rechtlich erhebliche Tatsache in der Urkunde nur der Zeitpunkt der nächsten Hauptuntersuchung erklärt. Im Übrigen stellt § 29 Abs. 2 a StVZO nur auf die subjektive Beurteilung durch den Sachverständigen, mithin auf ein Werturteil ab. Gegenstand der Beurkundung im Sinn des § 348 StGB könne jedoch nur Tatsachen, nicht aber Werturteile sein[4].“

 

1.    Beruht die Feststellung der Mängelfreiheit auf ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung?

 

Die Entscheidungsgründe des o. g. Beschlusses beruhten auf die bis zum 30.11.1999 geltende Vorschrift des § 29 StVZO. Mit der 28. VO StVR vom 20.05.1998 wurde die Vorschrift zum 01.12.1999 jedoch novelliert. Der Absatz 2a wurde aufgehoben und der Absatz 3 neu gefasst.

Bereits die amtliche Begründung zur Novellierung des § 29 StVZO[5] ist vom Willen des Verordnungsgebers getragen, eine grundsätzliche Änderung der Rechtslage herbeizuführen und festzulegen, dass im Ergebnis einer periodischen Fahrzeuguntersuchung ein Fahrzeug vorschriftsmäßig i. S. d. einschlägigen Vorschriften ist.  Dies findet seinen Ausdruck im folgenden Zitat.

„… Die Vorschrift des § 29 Abs. 2a StVZO – alt – lautete: „Durch die Prüfplakette wird bescheinigt, daß das Fahrzeug zum Zeitpunkt seiner Hauptuntersuchung bis auf etwaige geringe Mängel für vorschriftsmäßig befunden worden ist.“

Diese Vorschrift trug dem Umstand Rechnung, daß bei einer HU, die sinnvoller Weise aus Zeit und Kostengründen als regelmäßig wiederkehrende Untersuchung auf stichprobenartige Untersuchungen einzelner Fahrzeugteile/-Einrichtungen beschränkt bleiben musste, keine umfassende Feststellung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs erfolgen konnte. Anderenfalls hätte eine der Typprüfung vergleichbare Untersuchung mit entsprechenden Zeit- und Kostenaufwand durchgeführt werden müssen. Die Art und Weise der durchzuführenden Untersuchungsschritte und der Beurteilung festgestellter Mängel am Fahrzeug waren in der Durchführungs- und Mängelrichtlinie für HU festgelegt, allerdings unter der Maßgabe, daß es der untersuchenden Person weitgehend freigestellt war, welche und in welchem Umfang einzelne Untersuchungspunkte zu überprüfen waren.

Unterschiedliche Verfahrensweisen der untersuchenden Personen sowie nicht in allen Fällen befriedigende Qualität waren die Folge, die durch die neuen Vorschriften auch im Sinne der Gleichbehandlung aller Fahrzeughalter ausgeräumt werden sollen. § 29, Anlage VIII und insbesondere Anlage VIII a (Durchführung der HU) StVZO – neu – gehen einen neuen Weg. „Durch die nach durchgeführter Hauptuntersuchung zugeteilte und angebrachte Prüfplakette wird bescheinigt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt dieser Untersuchung vorschriftsmäßig nach Nummer 1.2 der Anlage VIII ist.“, lautet nunmehr die entsprechende Vorschrift im § 29 Abs. 3, Satz 2 StVZO – neu –.“

 

Verbindliche Arbeitsanweisungen für den Prüfer

 

Neben den Vorschriften des § 29 StVZO und den hierzu erlassenen Richtlinien[6],[7] sind insbesondere die verbindlichen Ausführungen der Anlagen VIII (Untersuchung von Fahrzeugen) und VIIIa (Durchführung der Hauptuntersuchung) von Bedeutung, um die Ausgangsfrage zu beantworten.

In Nr. 1.2 der Anlage VIII werden Art und Gegenstand der Hauptuntersuchung beschrieben und festgelegt. Ein Fahrzeug ist hiernach nur dann als vorschriftsmäßig einzustufen, wenn nach den Vorschriften der Anlage VIIIa sowie den dazu im Verkehrsblatt mit Zustimmung der obersten Landesbehörden bekannt gemachten Richtlinien keine Mängel festgestellt wurden und auch sonst kein Anlass zu der Annahme besteht, dass die Verkehrssicherheit gefährdet oder die Umweltverträglichkeit des Fahrzeugs mehr als unvermeidbar beeinträchtigt ist.

Die Anlage VIIIa beschreibt nunmehr WIE die HU durchzuführen und WAS der Gegenstand der Untersuchung ist. Dem Prüfer wird über Anlage VIIIa Nr. 1 letzter Satz und Nr. 2.1 (Umfang der Hauptuntersuchung) nunmehr vorgegeben, dass sich die Hauptuntersuchung auf das Fahrzeug mit denen unter den Nummern 4.1 bis 4.10 aufgeführten Bauteilen und Systemen zu erstrecken hat. Hierbei wird zwischen Pflicht- und Ergänzungsuntersuchungen unterschieden. Um den Qualitätsanspruch einer periodischen Fahrzeuguntersuchung zu entsprechen und um eine einheitliche Verfahrensweise zu gewährleisten, wird dem Prüfer kein Ermessen hinsichtlich des Untersuchungsumfangs und der Untersuchungskriterien mehr eingeräumt. Die Pflichtuntersuchungen sind zwingend vorzunehmen.

Unter Nr. 3 der Anlage VIIIa StVZO wird darüber hinaus festgelegt, dass der Prüfer die Zuordnung und Beurteilung der festgestellten Mängel nach der hierzu im Verkehrsblatt vom BMVBS mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden bekannt gemachten Richtlinien vorzunehmen hat[8].

Eine konkludente Anwendung ergibt sich aus der Vorschriftenlage auch für die Durchführung der SP. Einschlägige Rechtsvorschrift hierzu ist Nr. 1.3 Anlage VIII StVZO i. V. m. der Richtlinie für die Durchführung von SP nach § 29 und Anlage VIII. Allerdings beschränkt sich der Umfang der SP auf fünf, abschließend genannte Prüfbereiche an den Fahrzeugen. Es ist aber auch hier verbindlich festgelegt, dass die dort aufgeführten (Einzel-)Prüfpunkte immer zu untersuchen sind. In der Anlage zum Prüfbereich 2.5 (Bremsanlage) der o. g. Rili, sind darüber hinaus die Prüfschritte konkret vorgeschrieben.

Wie wichtig dem Verordnungsgeber eine hohe Qualität der periodischen Fahrzeuguntersuchung ist, zeigt sich auch in der konkreten Beschreibung der Untersuchungskriterien in Anlage VIIIa Nr. 4, im Übrigen adäquat zur Nr. 2 der HU-Richtlinie.

 

Auszug Anlage VIIIa Nr. 4:

„Die Untersuchung des Zustandes hat visuell und/oder manuell und/oder elektronisch auf

·        Beschädigung, Korrosion und Alterung,

·        übermäßigen Verschleiß und übermäßiges Spiel,

·        sachgemäße Befestigung, Sicherung, Montage und Verlegung,

·        Freigängigkeit und Leichtgängigkeit

zu erfolgen.

 

Die Untersuchung der Funktion hat visuell und/oder manuell und/oder elektronisch zu erfolgen. Dabei ist zu prüfen, ob nach der Betätigung von Pedalen, Hebeln, Schaltern oder sonstigen Bedienungseinrichtungen, die einen Vorgang auslösen, dieser Vorgang zeitlich und funktionell richtig abläuft.

 

Die Untersuchung der Ausführung hat visuell und/oder elektronisch auf

·        eine vorgegebene Gestaltung,

·        eine vorgegebene Anbringung/Anzahl,

·        eine vorgegebene Schaltung (Verbauprüfung),

·        eine erforderliche Kennzeichnung (Identifizierungsprüfung) zu erfolgen.

 

Die Untersuchung der Wirkung hat grundsätzlich messtechnisch auf Einhalten oder Erreichen von vorgegebenen Grenzwerten zu erfolgen; sie beinhaltet auch Rechenvorgänge.“

 

Beweiswert der HU-Prüfplakette und der SP-Prüfmarke

 

In § 29 Abs. 3 StVZO, der HU-Rili unter Nr. 3 und der Anlage VIII unter Nr. 3.1.4.3 legt der Verordnungsgeber fest, dass die Zuteilung der HU-Prüfplakette bei der Feststellung von erheblichen Mängeln zu verwehren ist. Darüber hinaus wird in § 29 Abs. 3 Satz 2 explizit der Erklärungswert der HU-Prüfplakette erweitert. 

Zitat:

„Durch die nach durchgeführter Hauptuntersuchung zugeteilte und angebrachte Prüfplakette wird bescheinigt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt dieser Untersuchung vorschriftsmäßig nach Nummer 1.2 der Anlage VIII ist.“

Eine analoge Regelung wurde auch für die SP getroffen. Einschlägige Rechtsvorschriften sind § 29 Abs. 4 und Anlage VIII Nr. 3.2.3.2 StVZO. Hier heißt es:

„Eine Prüfmarke darf zugeteilt und angebracht werden, wenn das Fahrzeug nach Abschluss der Sicherheitsprüfung nach Maßgabe der Nummer 1.3 der Anlage VIII keine Mängel aufweist.“

 

Fazit zu 1.

Dem Prüfer werden hinsichtlich des Untersuchungsumfangs, der Untersuchungskriterien und weitgehend auch der Mängelbewertung klare und verbindliche Vorgaben gemacht. Bei der Überprüfung der Bremsanlage im Rahmen der SP werden selbst die Prüfschritte festgelegt. Somit wird den aaSoP und den PI auch kein Ermessen mehr zugestanden. Wird eine Untersuchung nicht entsprechend den verbindlichen Vorgaben durchgeführt, so hat der Prüfer zumindest pflichtwidrig gehandelt. Lediglich die Bewertung von Mängeln kann bei gering ausgeprägten Verschleißbildern zu unterschiedlichen Einstufungen in „Geringe Mängel“ oder „Erhebliche Mängel“ führen (nur HU!). Bei eindeutigen Verschleißbildern lässt sich aus der vorliegenden Vorschriftenlage jedoch kein Ermessensspielraum ableiten. Von einer rein subjektiven Bewertung hinsichtlich der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs durch einen Prüfer, kann m. E. nicht mehr ausgegangen werden. Der Prüfer beurkundet vielmehr, dass das Fahrzeug zum Untersuchungszeitpunkt nach den verbindlich vorgegebenen Prüfpunkten untersucht und für mängelfrei befunden wurde. Es wird somit eine Tatsache beurkundet.

Konsequenter Weise ist bei bestandener HU oder SP nicht mehr lediglich von einer „gedanklichen Schlussfolgerung“ bezüglich der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs auszugehen und der Erklärungswert der Prüfplakette geht weit über nur eine terminliche Festlegung der nächsten Untersuchung hinaus.

 

2.    Ist der „Prüfbericht“ eine Urkunde i. S. d. § 348 StGB?

 

Tatbestandsmäßig muss es sich bei einer Urkunde i. S. d. §§ 271 und 348 StGB um eine öffentliche Urkunde handeln. Öffentlich ist eine Urkunde, wenn sie Beweiskraft für und gegen jedermann erbringt. Das bedeutet, dass Urkunden die lediglich innerdienstlichen Zwecken dienen, also bestimmte Regelungen der Verwaltungen untereinander betreffen, keine Urkunde i. S. d. §§ 271, 348 StGB darstellen. Diese Eigenschaft wurde auch den Prüfberichten im Zusammenhang mit HU und SP zugesprochen (sachlich korrekt „Untersuchungsbericht“ im Zusammenhang mit HU und „Prüfprotokoll“ im Zusammenhang mit SP)[9]. An dieser Rechtsmeinung kann m. E. nicht mehr festgehalten werden.

Die Verpflichtung, einen Untersuchungsbericht bzw. ein Prüfprotokoll zu fertigen und an den Halter auszuhändigen, ergibt sich aus § 29 Abs. 9 StVZO. Welche inhaltlichen Angaben im Untersuchungsbericht und im Prüfprotokoll zu erfassen sind, ergibt sich aus Anlage VIII Nr. 3.1.5 und 3.2.5 StVZO.

Neben der Vorlage des Untersuchungsberichtes bei Nachuntersuchungen, was ja noch unter „innerdienstlichen Zwecken“ subsumiert werden könnte, ist der Untersuchungsbericht aber auch für einen darüber hinaus gehenden Gebrauch im Rechtsverkehr von Bedeutung. Dies kann sich z. B. auf die Vorlage bei

·        den Zulassungsstellen im Rahmen der Zulassung von Fahrzeugen,

·        Veräußerungsgeschäften von Fahrzeugen oder

·        der Polizei im Zusammenhang mit der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten

beziehen.

 

Vorlage bei den Zulassungsstellen

Gem. § 7 Abs. 1 FZV ist die Vorlage des Untersuchungsberichtes bei Zulassungen von Fahrzeugen erforderlich, die zuvor in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Betrieb waren. Sollen diese Fahrzeuge in Deutschland zugelassen werden, muss der Nachweis einer gültigen HU (SP) erbracht werden. Ist die Frist der letzten gültigen Untersuchung überschritten, so muss eine neue HU durchgeführt und nachgewiesen werden. Da dem betreffenden Fahrzeug noch kein Kennzeichen nach § 8 FZV zugeteilt wurde und auch keine gültige Zulassungsbescheinigung Teil I vorgelegt werden kann, kann weder die Prüfplakette noch die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung als Beweis für die Durchführung der HU herangezogen werden.

Eine analoge Regelung findet sich auch in § 14 Abs. 2 FZV (Wiederzulassung von Fahrzeugen). Da auch hier weder ein gültiges Kennzeichen noch eine gültige Zulassungsbescheinigung Teil I vorliegen, kann der Nachweis über die ordnungsgemäße Durchführung einer HU oder SP konsequenter Weise nur über den jeweiligen Prüfbericht erfolgen.

 

Vorlage bei Veräußerungsgeschäften

Auch im privaten Bereich im Zusammenhang mit der Veräußerung abgemeldeter Fahrzeuge, bildet der Untersuchungsbericht den einzigen Nachweis über die Durchführung einer HU und/oder SP und damit über die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs. Unter Berücksichtigung des verpflichtend vorgegebenen Prüfumfangs und der vorzunehmenden Mängelbewertung, sollte der Käufer eines zeitnah untersuchten Fahrzeugs durchaus darauf vertrauen können, dass das Untersuchungsergebnis den Tatsachen entspricht.

 

Vorlage im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren

Darüber hinaus werden Untersuchungsberichte auch im Rahmen polizeilicher Kontrollen herangezogen. Auch wenn keine Mitführpflicht sondern nur eine Vorlegungspflicht besteht[10], bilden Untersuchungsberichte eine wichtige Grundlage, um insbesondere den Nachweis des subjektiven Tatbestandes hinsichtlich des Anordnens oder Zulassens der Inbetriebnahme mängelbehafteter Fahrzeuge zu führen. Betroffene verweisen in diesem Zusammenhang häufig auf die kurz zuvor durchgeführte HU oder SP und äußern, dass es nicht sein kann, dass das Fahrzeug Mängel aufweist. Für das Auftreten von Mängeln ist aber nicht nur der Zeitfaktor von Bedeutung, sondern insbesondere die Kilometerlaufleistung seit der Untersuchung, die aus der Differenz vom aktuellen Kilometerstand zum Kilometerstand zum Untersuchungszeitpunkt ermittelt werden kann. Für polizeiliche Ermittlungen von Bedeutung sind auch entsprechende Hinweise des aaSoP oder PI, dass sich z. B. Bremsbeläge kurz vor Verschleißgrenze befunden haben.

Des Weiteren erlangen Untersuchungsberichte und Prüfprotokolle einen Beweiswert, wenn Fahrzeugen im Rahmen der Untersuchung die Zuteilung der Prüfplakette bzw. der Prüfmarke verwehrt wurde und der Halter das Fahrzeug innerhalb der vierwöchigen Nachuntersuchungsfrist ohne Mängelbeseitigung einsetzt. Auf dem Untersuchungsbericht werden die Mängel vermerkt und es wird darauf hingewiesen, dass nur Fahrten zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit gestattet sind. Darüber hinaus erfolgt auch der Hinweis auf § 31 Abs. 2 StVZO.

Der Untersuchungsbericht und die Dokumentation der festgestellten Mängel bilden somit Beweismittel im Ordnungswidrigkeitenverfahren.

 

Fazit zu 2.

Der Untersuchungsbericht und das Prüfprotokoll haben unstrittig Urkundencharakter. Sie erbringen Beweis für und gegen jedermann, dass das Fahrzeug entsprechend des verbindlich festgelegten Prüfumfangs untersucht und entweder für mängelfrei befunden und die Prüfplakette oder die Prüfmarke zugeteilt wurde oder dass Mängel festgestellt wurden und die Zuteilung der Prüfplakette oder Prüfmarke verwehrt wurde. Es handelt sich damit um öffentliche Urkunden i. S. d. § 348 StGB.

 

3.      Der subjektive Tatbestand

 

Dreh und Angelpunkt einer Strafbarkeit pflichtwidrigen Verhaltens kann nur der Nachweis des subjektiven Tatbestandes sein. Um tatbestandsmäßig i. S. d. § 348 StGB zu handeln, muss der Täter vorsätzlich gehandelt haben, wobei der bedingte Vorsatz ausreicht, eine besondere Absicht ist nicht gefordert.

Mit Sicherheit wird die überwiegende Zahl möglicher Strafverfahren am Nachweis des subjektiven Tatbestandes scheitern, daher ist mit einer Bejahung einer Falschbeurkundung im Amt hinsichtlich der objektiven Tatbestände, nicht automatisch eine Kriminalisierung des Prüfpersonals zu erwarten. Für den Nachweis, dass der Täter mit Wissen und Wollen gehandelt hat oder die Erfüllung der Tatbestände billigend in Kauf genommen hat, bedarf es einer besonders sorgfältigen Beweisführung, da sich der Täter kaum i. S. d. Strafvorschrift einlassen und maximal eine Pflichtwidrigkeit und damit ein fahrlässiges Verhalten einräumen wird.

Bereits im Rahmen einer möglichen Entschlussfassung (Verdachtsgewinnung) zur Einleitung eines Strafverfahrens muss berücksichtigt werden, dass nicht jeder pflichtwidrig übersehene und daher nicht dokumentierte Mangel automatisch zu einer Strafbarkeit i. S. d. § 348 StGB führt, was auch nicht Sinn der Strafvorschrift ist. Vielmehr muss dem Täter nachgewiesen werden, dass das betreffende Fahrzeug gar nicht geprüft wurde oder worden sein kann bzw. dass das Fahrzeug qualitativ oder quantitativ derart massive Mängel aufgewiesen hat bzw. haben muss, so dass die Mängel selbst bei einer völlig oberflächlichen Untersuchung dem Prüfer hätten auffallen müssen oder Mängel tatsächlich festgestellt wurden und dennoch die Mängelfreiheit beurkundet wurde.

In jedem Fall wird der Tatrichter in diesen besonderen Fällen sich nur anhand der objektiven Tatbestände ein Bild vom Geschehnisablauf machen können. Das bedeutet, dass der feststellende Beamte eine umfangreiche und detaillierte Bilddokumentation erstellen muss, in der Regel ist hierzu ein Sachverständigengutachten anzuordnen.

 

Fazit

In Anbetracht nicht unbedeutender Feststellungen mängelbehafteter Fahrzeuge unmittelbar nach einer periodischen Fahrzeuguntersuchung, ist es m. E. dringend erforderlich, dass hier eine rechtliche Klarstellung erfolgt. Dass es in jedem Fall eine Einzelfallprüfung sein wird, in der dem Prüfer eine vorsätzliche Begehungsweise nachgewiesen werden muss, ist unstrittig. Strittig und im Interesse der Verkehrssicherheit nicht nachvollziehbar sind jedoch grundsätzliche Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO, da die zuständige Staatsanwaltschaft an der alten, aber wie hier ausgeführt, überholten Rechtsprechung festhält.

 

 

Burkhard Köhler

 



[1] BGHZ 49, 108, 110 ff.; Senatsurteile BGHZ 122, 85, 87 ff.; 147, 169, 171; vom 11. Januar 1973 - III    ZR 32/71 - NJW 1973, 458 und vom 2. November 2000 - III ZR 261/99 - VersR 2002, 96 f.

[2] BayObLG v. 29.10.1998, Az.: 5 St RR 167/98

[3] OLG Hamm VRS 47, 430; OLG Köln JR 1979, 255; LK/Tröndle StGB 10. Aufl. 348 Rn. 10;  Schönke/Schröder/Cramer StGB 25. Aufl. § 348 Rn. 8; Tröndle StGB 48. Aufl. § 348 Rn. 6;   Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 34. Aufl. § 29 StVZO Rn. 27

[4] LK/Tröndle § 348 Rn. 10

[5] VkBl 1998 S. 505

[6] Richtlinie für die Durchführung von HU und die Beurteilung der dabei festgestellten Mängel  an    Fahrzeugen nach § 29, Anlage VIII und VIII a (HU-Rili). BMVBS/S 33/S34/36.20.10-01 vom   9.3.2006, VkBl S 293

[7] Richtlinie für die Durchführung von SP nach § 29 und Anl VIII. BMV/StV 13/36.20.10-08 vom   2.6.1998, VkBl S 528, mit Änderung vom 29.10.2003, VkBl S 750

[8] Mängelkatalog, Anlage zu Nr. 4 der „HU-Richtlinie“

[9] § 29 Abs. 9 StVZO

[10] § 29 Abs. 10 StVZO

 



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