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Atemalkoholanalyse

Die beweissichere Atemalkoholanalyse
- gibt es sie?

Durch die Änderung des § 24 a StVG vom 27.04.1998 wurde in Deutschland die Atemalkoholkonzentration (AAK) gegenüber der Blutalkoholkonzentration (BAK) zumindest für Ordnungswidrigkeiten als gleichwertiges Beweismittel definiert. Begründet wurde die Anerkennung der Atemalkoholanalyse als gerichtsverwertbares Verfahren zum Nachweis der Alkoholisierung bei Ordnungswidrigkeiten auf der Basis eines Gutachtens aus dem Bundesgesundheitsamt  (1). Bei der Atemalkoholmessung dürfen nur Messgeräte eingesetzt werden, die den im Gutachten gestellten Anforderungen genügen - bislang soll nur das Alcotest 7110 Evidential MK III der Fa. Dräger diese Anforderungen erfüllen. Zwischenzeitlich wurden Polizeidienststellen im ganzen Bundesgebiet flächendeckend mit diesen Messgeräten ausgerüstet.

In der Neufassung des § 24 a StVG wurden für die Atemalkoholkonzentration mit 0,4 mg/l bzw. 0,25 mg/l eigene Grenzwerte festgelegt. In den Rechtsfolgen sind diese Werte äquivalent zu 0,8 %o zu 0,50 %o Blutalkohol. Die parlamentarische Entscheidung, die Ergebnisse von Atemalkoholmessung mit Alcotestgeräten als gleichwertig zur Blutalkoholbestimmung zu bezeichnen, muss aus mehrfachen Gründen Bedenken begegnen.

Genügt die Atemalkoholmessung den Anforderungen an Zuverlässigkeit und Genauigkeit, die bisher in der Rechtsprechung für die Feststellung der Alkoholisierung gültig waren? Die allein zur Frage der Atemalkoholmessung im Jahr 2000 ergangenen amtsgerichtlichen Entscheidungen sind unzählig, unübersehbar und widersprechen sich teilweise (2). Zu der Problematik gibt es zusätzlich eine Vielzahl von Aufsätzen, was die Probleme jedoch nicht einfacher macht(3).

Die Hilflosigkeit der Amtsgerichte bei der Lösung dieser Problematik offenbart sich zwischenzeitlich dadurch, dass die Amtsgerichte neuerdings überwiegend medizinische und technische Sachverständige hinzuziehen und hierbei die Lösung der Problematik durch die Gutachten der Sachverständigen erhoffen - das Ergebnis ist in der Regel nur ein Streit der Sachverständigen (4), was nicht verwundert (5). Die Antwort auf die Problematik verbleibt damit einzig und alleine bei der richterlichen Überzeugungsbildung! In der Sache sollte eigentlich zu erwarten sein, dass eine ausreichende Beschäftigung mit dem Problem der Atemalkoholanalyse zu einer besseren Kenntnis der Problematik und zu einem tiefen Verständnis für die Probleme führen sollte. Tatsächlich verbleibt es bei einer Sensibilisierung für die Probleme und Fragen – eine Lösung liegt derzeit in weiter Ferne.

1. Die medizinische Problematik

Genossener Alkohol wirkt im Gehirn und führt aufgrund dieser Wirkung zu den hinlänglich bekannten Ausfallerscheinungen, die letztlich dann, wenn sie ein bestimmtes Ausmass annehmen, zu einer Fahrunsicherheit führen. Um somit zu einem ganz sicheren Ergebnis zu kommen, wäre es eigentlich erforderlich, die Blutalkoholkonzentration direkt im Gehirn zu messen. Da eine solche Messung mit einem sicherlich unverhältnismäßigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verbunden wäre, verbietet sich eine solche Messung aus nachvollziehbaren Gründen.

Da jedoch der Alkohol durch den Blutkreislauf ins Gehirn transportiert wird, wo dann die bekannte Wirkung des Alkohols einsetzt, erscheint es nachvollziehbar und vertretbar, aus der Blutalkoholkonzentration Rückschlüsse auf die wirkende Alkoholkonzentration im Gehirn zu ziehen. Die Zusammenhänge zwischen der Blutalkoholkonzentration und der Wirkung dieses Alkohols im Gehirn und die hieraus resultierenden Ausfallerscheinungen sind über viele Jahre hinweg hinreichend und ausreichend erforscht, was den Gesetzgeber in die Lage versetzt hat, mit 0,5/0,8 %o Gefahrengrenzwerte und mit 1,1 %o einen Grenzwert für die absolute Fahruntauglichkeit festzulegen.

Der Weg der Alkoholmessung in der Ausatemluft bedeutet nun, sich von den eigentlichen Wirkungsstätte des Alkohols - dem Gehirn - ohne Not weiter zu entfernen, diese Messung bedeutet eine solche im „dritten System“. Abgesehen von den insoweit bestehenden Unsicherheiten sind die Zusammenhänge zwischen Atemalkohol / Blutalkohol / Fahrunsicherheit derzeit allenfalls ansatzweise erforscht, die wissenschaftliche Diskussion ist noch nicht abgeschlossen, es besteht ein hoher Meinungsstreit. Wann die wissenschaftliche Forschung abgeschlossen und der Meinungsstreit unter den Sachverständigen beigelegt sein wird, vor allem aber mit welchem Ergebnis, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Die Sachverständigen der rechtsmedizinischen Institutionen werden nicht müde zu betonen, dass ein Rückschluss aus einer gemessenen Atemalkoholkonzentration auf eine zur gleichen Zeit vorliegende Blutalkoholkonzentration mit der erforderlichen Sicherheit nicht möglich sei, sich verbiete. Genau diesen Rückschluss will der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 24 a StVG jedoch gerade treffen.

Zu welchen neuen Ergebnissen die beständig weiter geführte medizinische Forschung führt, ergibt sich beispielhaft schon daraus, dass Schoknecht in seinem für das Bundesgesundheitsamt erstatteten Gutachten noch von einem Umrechnungsfaktor BAK: AAK von 1:2100 ausging (dies entsprach dem Stand der wissenschaftlichen Forschung im Jahre 1991), was letztlich dazu führte, dass sich in den Köpfen aller mit der Atemalkoholmessung befassten Personen ein Umrechnungsfaktor zugunsten des Probanden von 1:2000 (oder aber auch verkürzt 1:2) festgesetzt hat. Zwischenzeitlich wurden in weiteren Versuchen Umrechnungsfaktoren von (vereinfacht) 0,74 bis 3,29 festgestellt (6)  (7).

Dieser Umrechnungsfaktor ist nicht nur von Mensch zu Mensch verschieden, er ist vielmehr auch beim einzelnen Menschen von Tag zu Tag unterschiedlich („von der Tagesform abhängig“) (8). Weiter liegt derzeit noch keine befriedigende Antwort der medizinischen Sachverständigen auf die Frage vor, wieso die AAK in der Anflutungsphase gegenüber der BAK signifikant überhöht ist.

Während bei der Blutalkoholbestimmung eben wegen einer möglichen Alkoholanflutung eine Rückrechnung während der ersten 2 Stunden nach Trinkende zu unterbleiben hat, so dass es insoweit auf den festgestellten Wert der Blutalkoholkonzentration alleine ankommt, ist eine Atemalkoholmessung schon 20 Minuten nach dem möglichen Trinkende zulässig.

Zahlreiche medizinische Sachverständige mussten allerdings feststellen, dass in den Fällen, in denen zunächst eine Atemalkoholprobe und im Anschluss hieran eine Blutprobe durchgeführt wurde, in den Fällen, in denen vom Bestehen der Anflutungsphase auszugehen war, die festgestellte Atemalkoholkonzentration tatsächlich deutlich höher ausfiel als die letztlich festgestellte Blutalkoholkonzentration. Eine mögliche Erklärung hierfür mag zwar die Alkoholdiffusion aus dem Magen in die Lunge sein, wissenschaftlich untersucht und sicher festgestellt ist dies derzeit jedenfalls noch nicht.

Dies bedeutet letztlich nichts anderes, dass es dazu führen kann, dass derjenige, der in eine Alkoholkontrolle kommt, zu überlegen hat, wann er den letzten Schluck Alkohol zu sich genommen hat. Liegt der letzte Alkoholgenuss weniger als 2 Stunden vor der Kontrolle, ist er gut beraten, die Atemalkoholprobe abzulehnen und die Durchführung einer Blutprobe abzuwarten. Liegt der letzte Alkoholgenuss länger als 2 Stunden zurück, wird der sachkundige Proband sich mit einer Atemalkoholprobe einverstanden erklären - ist der Alkohol vollständig resorbiert und wird nun abgebaut, fallen die Werte der Atemalkoholprobe nämlich regelmäßig geringer aus als die der Blutprobe. Das dies in Einzelfällen zu einer unerträglichen Ungleichbehandlung führen kann und wird, bedarf eigentlich keiner weiteren Diskussion.

2. Grundsätzliche Fragen der gesetzlichen Regelung

Weiter ist die Frage zu stellen, ob der Gesetzgeber in § 24 a StVG mit 0,4 mg/l und 0,25 mg/l eigenständige Grenzwerte für die Atemalkoholmessung festgelegt hat, oder ob diese Grenzwerte nur aus den BAK-Werten 0,8 %o und 0,5 %o abgeleitet wurden. Dabei spricht allein schon der Umstand, dass aufgrund des Gutachtens von Schoknecht ursprünglich von einem Umrechnungsfaktor von 1:2000 ausgegangen wurde, allein schon dafür, dass auf dieser Basis 0,8 %o nunmehr 0,4 mg/l und 0,5 %o 0,25 mg/l entsprechen. Das BayObLG geht zwar in seinem Beschluss vom 12.05.2000 zunächst davon aus, dass der Gesetzgeber eigenständige ( nicht abgeleitete) Grenzwerte für die Atemalkoholmessung festgelegt hat (9), führt dann aber in der Folge aus:

„ (...) durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die in § 24 a StVG getroffene Regelung ergeben sich auch nicht darauf, dass - soweit ersichtlich - bisher keine umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen zu der Beziehung zwischen gemessener AAK und Ausmaß der Leistungsminderung vorliegen, die in § 24 a StVG festgelegten Grenzwerte vielmehr aus den BAK-Grenzwerten abgeleitet wurden, der allgemein gebräuchliche Umrechnungsfaktor von 1:2100 jedoch nur einen Durchschnittswert darstellt und Abweichungen nach oben oder unten möglich sind (...) .“

Diese Argumentation des BayObLG geht fehl: Entweder handelt es sich bei den Grenzwerten für die Atemalkoholkonzentration in § 24a StVG um eigenständige Grenzwerte, dann fehlt es an jeder wissenschaftlichen Grundlage und Untersuchung für die Festlegung dieser Grundgrenzwerte (was das BayObLG immerhin bestätigt), oder aber es handelt sich um abgeleitete Grenzwerte, dann ist der hierfür zugrunde gelegte Umrechnungsfaktor von 1:2100 zwischenzeitlich wisschenschaftlich überholt und damit falsch.

Zwischenzeitlich war auch zwischen den Obergerichten ein Meinungsstreit darüber entstanden, ob bei der Atemalkoholmessung Sicherheitszuschläge zu berücksichtigen sind. Während das BayObLG in seiner Entscheidung noch davon ausgeht, dass bei der Alkoholmessung kein Sicherheitszuschlag erforderlich ist, möchte das OLG Hamm einen Sicherheitszuschlag zugrunde legen (10). Das OLG Hamm hat hierbei für seine Ansicht gute Gründe gefunden.

Der Große Senat des BGH hat sich jedoch dieser Meinung des OLG Hamm nicht anschließen wollen und ist zu der Auffassung gelangt, dass keine weiteren Sicherheitszuschläge zu berücksichtigen seien (11).

Der BGH hat jedoch – einmal mehr – schlichtweg nur die Frage beantwortet (und sie sogar noch weiter verengt), die ihm das OLG Hamm gestellt hat – der BGH hat aber weiter angemerkt:

(...) ob das verwendete Gerät beweiskräftige zutreffende Ergebnisse liefert, ist eine Frage der Zuverlässigkeit eines bestimmten Meßverfahrens im Einzelfall; sie ist daher durch den Tatrichter zu beurteilen und deshalb nicht Gegenstand einer zulässigen Vorlegung. (...)“.

Dies bedeutet letztlich nichts anderes, als dass vom BGH keine grundsätzliche Entscheidung über die Zuverlässigkeit der Atemalkoholanalyse zu erwarten ist – es wird vielmehr auf eine Prüfung hinsichtlich jedes Einzelfalles durch die Tatrichter – also die Amtsgerichte – ankommen.

Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Tatrichter – selbstverständlich – entsprechenden Beweisanträgen der Verteidigung, dass es zu einer Fehlmessung gekommen sei, nachgehen muss, die Messung dann überprüft werden müsse. Es wird also auch und gerade in den Fällen der Atemalkoholmessung die Aufgabe des Verteidigers sein, den Tatrichter durch entsprechende Beweisanträge zu einer Überprüfung zu zwingen!

3. Probleme bei der Messung mit dem Dräger-Alcotest

Die Atemalkoholbestimmung mit dem Gerät Dräger-Alcotest 7110 funktioniert dergestalt, dass dieses bei der ersten vorgenommenen Alkoholmessung den Atemalkoholwert mit seinen zwei verschiedenen Messsystemen (elektrochemisch/Infrarot) feststellt. Die beiden Messwerte werden verglichen und müssen innerhalb der nach der Eichverordnung festgelegten Toleranzen übereinstimmen, ausgedruckt wird im Anschluss hieran jedoch nur der elektrochemisch festgestellte AAK-Wert. Bei der 2. Messung wird nur noch mit dem Infrarotsensor gemessen, der gemessene Wert wird sodann ausgedruckt, aus den beiden festgestellten Werten sodann der Mittelwert gebildet.

Unabhängig davon, ob Schoknecht in seinem Gutachten für das Bundesgesundheitsamt tatsächlich die Bestimmung und Mitteilung von 4 einzelnen Messwerten gefordert hat, ist es jedenfalls so, dass der BGH für die Qualitätssicherung bei Blutalkoholbestimmungen festgelegt hat, dass ein Mittelwert aus 4 Messwerten, je 2 nach verschiedenen Methoden, zu bilden ist und dass alle 4 Einzelwerte der unterschiedlichen Messverfahren mitzuteilen sind (12).

Die Forderung nach 4 Messwerten beruht dabei erkennbar auf Erkenntnissen aus der Gauß’schen Wahrscheinlichkeitstheorie, nach der gilt, dass der aus Einzelwerten gebildete Mittelwert dem tatsächlichen Wert mit größerer Wahrscheinlichkeit nahekommt, je mehr Einzelwerte vorliegen. Bislang liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Gauß’sche Wahrscheinlichkeitstheorie für das Dräger-Alcotest 7110 keine Geltung hat, darüber hinaus kann eigentlich für die Atemalkoholbestimmung nichts anderes gelten als auch für die Blutalkoholbestimmung, so dass eine Doppelmessung mit 2 unabhängigen Mess-Systemen zu fordern ist, mithin somit die Feststellung und Mitteilung von 4 Einzelwerten, wobei dann aus diesen 4 Einzelwerten ein Mittelwert gebildet werden muss.

Die Forderung nach Mitteilung von zumindest 4 Einzelwerten ist im Übrigen auch von praktischer Bedeutung auch schon bei der jetzigen Gerätekonfiguration. Sofern bei der 1. Messung das elektrochemische Messsystem eine AAK von 0,40 mg/l feststellt, kann das Infrarotsystem unter Zugrundelegung der größtmöglichen Toleranz eine AAK von 0,37 mg/l feststellen, ohne dass eine Fehlmessung angezeigt wird. Falls nun der Infrarotsensor bei der 2. Atemprobe eine AAK von 0,40 mg/l misst, wird derzeit der elektrochemische und der Infrarotmesswert mitgeteilt und hieraus zwangsläufig ein Mittelwert von 0,40 mg/l gebildet. Würden alle 3 gemessenen Messwerte mitgeteilt, ergäbe sich ein Mittelwert von 0,39 mg/l, was für den Betroffenen schlichtweg den Unterschied zwischen einer Geldbuße von Euro 250,00 und 1 Monat Fahrverbot oder „nur“ einer Geldbuße von Euro 100,00 ausmacht.

Schon hieraus ergibt sich, dass der derzeitige Messablauf im Dräger-Alcotest 7110 schon nach den Anforderungen des BGH nicht hingenommen werden kann und darf (13).

Eine weitere derzeit ungeklärte Frage ist, wie das Dräger-Alcotest 7110 mit dem Einfluss von Fremdsubstanzen umgeht. Nach dem Gutachten von Schoknecht muss bei der Infrarotmessung im Interesse der analytischen Spezifität, nämlich zum Ethanolnachweis und zur Erkennung von Fremdgasen eine Messung in 2 Wellenlängenbereichen erfolgen, wobei beispielhaft auf Messungen von Wellenlängen von 3 Mikrometern und 9 Mikrometern verwiesen wird. Die dazu durchgeführten Untersuchungen beschränken sich jedoch nur auf Methanol, Isopropanol und Aceton, weil diese Stoffe nach der im Gutachten dargelegten Ansicht auch im Zusammenhang mit der Alkoholproblematik von allgemeiner Bedeutung sein sollen. In dem dazu im Gutachten zitierten Beitrag von Iffland et al wird dargelegt, dass solche Fremdsubstanzen unter Umständen in erheblichem Umfang im Körper produziert werden.

Ob die Verwendung einer Brennstoffzelle als 2. Mess-System anstelle eines 2. Infrarotsensors insoweit eine Weiterentwicklung und deutliche Verbesserung gegenüber den im Gutachten gestellten Anforderungen darstellt, muss derzeit offenbleiben, da die entsprechenden Forschungen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind. Da das Dräger-Alcotest 7110 die Bauartzulassung aufgrund der Norm DIN VDE 0405 erhalten hat, ist jedenfalls davon auszugehen, dass es die in Teil 2 dieser Norm unter 5.1.8 vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt, wonach der Einfluss von Fremdsubstanzen Methanol, Isopropanol, Aceton, Äthylacetat undToluol auf das Messergebnis bei gleichzeitiger Anwesenheit von Etanol folgende Werte nicht überschreiten darf:

- 0,1 mg/l bei einer Ethanolkonzentration bis 0,40 mg/l,

- 25 % des Messergebnisses bei einer Etanolkonzentration über 0,40 mg/l

und bei einem größeren Einfluss eine Fehlmeldung erfolgen muss.

Solange nicht nachgewiesen ist, dass das Dräger-Gerät den Einfluss von Fremdsubstanzen wirksamer auszuschliessen in der Lage ist, als die Norm DIN VDE 0405 in Teil 2 unter 5.1.8 erlaubt, wird dies mit ausgleichenden Sicherheitszuschlägen entsprechend dem in der Norm DIN VDE 0405 erlaubten Rahmen zu berücksichtigen sein.

Da danach bei einer Ethanolkonzentration bis 0,4 mg/l Fremdsubstanzen bis zu 0,1 mg/l nicht durch Fehlermeldungen angezeigt werden müssen, kann das Messergebnis von 0,50 mg/l zurückzuführen sein auf eine Ethanolkonzentration von 0,40 mg/l und auf Fremdsubstanzen von 0,10 mg/l.

Die Norm DIN VDE 0405 bestimmt in Teil 2 unter 5.1.8 sehr großzügige Grenzen für die Erkennung des Einflusses von Fremdsubstanzen. So großzügige Grenzen wären nicht nötig, wenn sie nach dem gegenwärtigen Stand der Technik ohne weiteres unterschritten werden könnten.

Die Identifizierung von Fremdsubstanzen ist von besonderer Bedeutung gerade bei jungen Menschen. Denn Iffland et al stellten fest, dass nach körperlicher Belastung (30 Min. Dauerlauf) ohne Alkoholkonsum bei fast allen Versuchen die Acetonspiegel zum Teil erheblich anstiegen und auch noch die Isopropanolkonzentration parallel zu den Acetonspiegeln zunahmen. Danach ist damit zu rechnen, dass etwa vom Joggen oder Diskothekenbesuch heimkehrende junge Kraftfahrer erhebliche Aceton- und Isopropanolkonzentrationen im Körper haben.

Möglicherweise können dem bisher zur Messung des Atemalkoholgehaltes allein zugelassenen Dräger-Alcotest 7110 solche in der Atemluft enthaltene Fremdsubstanzen trotz Fehlens von Alkohol in der Atemluft dessen Vorhandensein vortäuschen (14). Ob die beim Dräger-Gerät angeblich herbeigeführte Verbesserung soweit reicht, dass Fremdsubstanzen bei Fehlen von Alkohol in der Atemluft dessen Vorhandensein nicht vortäuschen können, ist bisher nicht dargelegt und bewiesen. Die Norm DIN VDE 0405, nach der das Dräger-Gerät die Bauartzulassung erhalten hat, schreibt übrigens unter 5.1.8 nur vor, dass der Einfluss der Fremdsubstanzen Methanol, Isopropanol, Aceton, Äthylacetan und Tholuhol auf das Messergebnis „bei gleichzeitiger Anwesenheit von Ethanol“ bestimmte Werte nicht überschreiten darf. Ob das auch für den Fall der Abwesenheit von Etanol gilt, ist unklar und bedarf noch weiterer Forschung und Aufklärung.

Das Dräger-Gerät berechnet anhand des Henry-Gesetzes die Atemalkoholkonzentration bezogen auf eine Atemtemperatur (Basistemperatur) von 34 °C. Hierfür besteht in der Sache bislang keine fundierte gesetzliche Grundlage. Der Gesetzgeber läßt offen, anhand welcher Basistemperatur die Atemalkoholkonzentration in mg/l zu bestimmen ist, also bei welcher Atemtemperatur die Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr betragen muss, um den Tatbestand zu erfüllen. Eine entsprechende Festlegung ist jedoch gerade entscheidend, denn die Atemalkoholkonzentration ist abhängig von der Atemtemperatur.

Die DIN VDE 0405 fordert zwar, dass die Konzentration bezogen auf 34 °C festgestellt wird, der Gesetzgeber kann jedoch - ohne ausdrückliche Ermächtigung - es nicht in das Ermessen einer Behörde stellen, wann der Tatbestand des § 24 a StVG bei Atemalkohol erfüllt wird, je nach dem, ob diese Behörde die Temperatur für das Prüfgas auf 34°C oder beispielsweise auch auf 30° C festlegt (15).

Im Übrigen ist die Frage aufzuwerfen, ob es sich bei einer Messung mit dem Dräger-Gerät überhaupt um ein „standardisiertes Messverfahren“ handelt. Ein solches würde nur vorliegen, wenn die Atemalkoholanalyse unter gleichartigen Bedingungen (innerhalb festgelegter Toleranzgrenzen) immer zu gleichen Ergebnissen führen würde und weder durch den Probanden - absichtlich oder unwissentlich - noch durch sonstige Faktoren beeinflussbar wäre. Wilske hat dem gegenüber zwischenzeitlich berichten können, dass bei von ihm durchgeführten Versuchen die Probanden bei unterschiedlicher Atemtechnik (Hyperventilation und Pressatmung/Hypoventilation) Abweichungen bis zu 25 % erreichen konnten und bei Hyperventilation und Pressatmung in einigen Fällen von dem Gerät Mundrestalkohol nicht erkannt wurde (16). Allein schon aus diesem Grund erscheint es daher fraglich, ob ein standardisiertes Messverfahren vorliegt.

Zusammenfassend gilt daher, dass jedenfalls solange sich die medizinischen Wissenschaftler noch über die Korrektheit der Methode streiten, der Jurist eine solche Methode nicht als hinreichend sicher betrachten kann und somit eine gerichtliche Verurteilung auf diese Methode nicht gestützt werden kann. Denn wenn sich die Rechtsprechung an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zu orientieren hat, wie dies zuletzt der BGH in seinem Grundsatzbeschluss zur 1,1 %o-Entscheidung wiederholt hat, dann stellt sich die Frage, wie der Gesetzgeber - ohne Not - eine solche Methode einführen und Grenzwerte festlegen konnte, wenn es dagegen derart gewichtige wissenschaftlich begründete Bedenken gibt.

Wie wird die Eichung des Alcotestgerätes durchgeführt?

Hier stellt sich zunächst die Frage, welches "Alcotestgerät" gemeint ist. Die Polizei verwendet kleine Handgeräte zum Vortest,

die dienen nur dazu, um festzustellen, ob überhaupt eine Alkoholisierung vorliegt - diese Geräte müssen nicht geeicht sein, sie sind es auch nicht.

Wenn es um das Gerät der Firma Dräger geht - das einzige Gerät, das als alleiniges Beweismittel im Ordnungswidrigkeitenverfahren zugelassen ist - dann gilt, dass dieses Gerät jährlich geeicht werden muss. Dazu wird dieses Gerät (wie alle anderen zu eichenden Geräte auch) zum zuständigen Eichamt gebracht.

Beim Eichamt wird das Gerät genau überprüft, eben "geeicht" - was da im Einzelnen gemacht wird, ist eigentlich nicht interessant, es geht nur darum, dass danach bescheinigt wird, dass das Gerät - im Rahmen der technischen Möglichkeiten - genau funktioniert.

Bei Messungen mit diesem Gerät gilt, dass zunächst nach Trinkende (letzter Genuss von Alkohol) bis zur Messung eine Wartezeit von 15 Minuten eingehalten werden muss. Diese Zeit verstreicht regelmäßig vom Anhalten des Fahrzeugs bis zur Durchführung der Messung. Eine entsprechende Messung kann nur stattfinden, wenn der Autofahrer damit einverstanden ist (wäre auch schlecht möglich, einen Autofahrer zum "Blasen" zu zwingen). Ist der Autofahrer nicht einverstanden, dann wird regelmäßig eine Blutentnahme durch einen Arzt durchgeführt.

Dies kann ein Polizeibeamter anordnen, der Autofahrer muss die Entnahme dulden (dazu kann er nach der StPO auch gezwungen werden).

Mitgeteilt von Richter Klaus Jung, AG Baden - Baden

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(1) Schoknecht, Prüfung der Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse, BGA Berlin April 1991

(2) AK Köln, Blutalkohol 5/2000, 389; AG Bergisch Gladbach Blutalkohol 5/2000, 393; AG Freyung, Blutalkohol 5/2000, 395; AG Magdeburg, Blutalkohol 5/2000, 399

(3) Übersicht bei Iffland, DAR 2000, 540

(4) Zum "Dissens der Sachverständigen" vgl. Krause et al, Blutalkohol 3/2000, 154

(5) Zur Problematik aus technischer Sicht vgl. Slemeyer, Blutalkohol 4/2000, 203ff

(6) vgl. hierzu auch die Dokumentation von Krause et al in Blutalkohol 3/2000, 157

(7) Köhler et al, Blutalkohol 5/2000, 285ff

(8) Zum "starren Umrechnungsfaktor" vgl auch AG Klötze, Blutalkohol 3/2000, 194

(9) Blutalkohol 4/2000, 247

(10) OLG Hamm, Blutalkohol 5/2000, 385ff = DAR 2000, 534

(11) EINFÜGEN!

(12) BGH VRS 90, 108

(13) So auch AG Brandenburg a.d.H., DAR 2000, 538

(14) Bode, Blutalkohol 5/2000, 348; A.A. Lagois, Blutalkohol 5/2000, 342ff

(15) so auch AG Meiningen, DAR 2000, 375 ff, Blutalkohol 5/2000, 397

(16) Wilske, ADAC-Symposium Baden-Baden 1999



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