Führerscheinverlust ohne Alkohol
Es gibt sicher zahlreiche Möglichkeiten, seinen Führerschein zu verlieren - wobei es richtig „Fahrerlaubnis“ heißen muss, denn darum geht es, eine solche benötigt man, der „Führerschein“ ist nur das Stück Papier, mit dem man den Besitz einer Fahrerlaubnis nachweisen kann.
In der sicher überwiegenden Zahl der Fälle kommt es zu einem (teilweise recht langen) Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss, also mit mehr als 1,1 %o.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Teilnahme am Straßenverkehr ohne Alkohol in jedem Fall den Erhalt der Fahrerlaubnis garantiert.
Hier ist insbesondere § 315c Abs. 1 Nr. 1b StGB zu beachten, der „körperliche und geistige Mängel“ nennt.
Der von § 315c StGB geforderte „Zustand der Fahruntüchtigkeit“ setzt voraus, dass ein Fahrzeugführer nicht fähig ist, eine längere Strecke sein Fahrzeug so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs, und zwar auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, so gewachsen ist, wie dies von einem durchschnittlichen Fahrzeugführer zu erwarten ist.
Was nichts anderes bedeutet, dass ein Gipsarm oder ein Gipsbein schon ein „körperlicher Mangel“ sein können, denn damit kann man nicht richtig lenken, wenn eine schnelle Ausweichbewegung erforderlich ist, oder nicht schnell genug bremsen im Falle der Gefahr.
Auch andere körperliche Behinderungen und Einschränkungen sind hier denkbar.
Gerne vergessen wird jedoch, dass auch eine starke Übermüdung ein „körperlicher Mangel“ ist.
Hier ist zunächst einmal das sogenannte „physiologische Leistungstief“ in den späten Nacht- bzw. frühen Morgenstunden zu beachten.
Der Körper ist immer noch auf Schlafen eingestellt, soll nun aber den hohen Anforderungen des Straßenverkehrs genügen - die Rechtsmediziner bewerten diesen zustand durchaus vergleichbar mit einer Alkoholisierung von 0,5 %o (oder mehr).
So erklären sich die vielen Unfälle auf der Heimfahrt von Discotheken, bei denen es ohne oder nur mit einer geringen Alkoholisierung zu schwerwiegenden Fahrfehlern und dann zu oft tödlichen Unfällen kommt.
Aber auch der Familienvater, der 18 Stunden am Stück aus dem Urlaub nach Hause fährt, der Lkw-Fahrer, der seine Lenkzeit überschreitet und 12 Stunden am Stück unterwegs ist, riskiert den Verlust der Fahrerlaubnis.
Während Pkw-Fahrer meist erst dann auffallen, wenn es zu einem Unfall kommt, der zunächst unerklärlich scheint, oft genug durch das Abkommen nach Links oder Rechts auf gerader Fahrbahn, das Geradeausfahren in einer Kurve, ungebremstes Auffahren auf den Vordermann, lässt sich die mögliche „körperliche Ungeeignetheit“ bei Lkw-Fahrern regelmäßig durch einen einfachen Blick auf die Diagrammscheibe des Kontrollgerätes („Fahrtenschreiber“) nachweisen.
Dabei ist natürlich auch zu berücksichtigen, dass die maximal zulässigen Lenkzeiten für Lkw-Fahrer gerade neu geregelt wurden (seit dem 11.4.2007 gilt die neue EU-Verordnung 561/06).
Nach dieser Verordnung dürfen Berufskraftfahrer in der Europäischen Union nur noch 56 Stunden pro Woche hinter dem Steuer sitzen.
Damit wird die bisher maximal zulässige Lenkzeit von bis zu 74 Wochenstunden deutlich abgesenkt. Außerdem muss alle zwei Wochen eine Ruhezeit von mindestens 45 Stunden gewährt werden. Die tägliche Mindestruhezeit wird auf neun statt bislang acht Stunden verlängert.
Nachdem diese Verordnung und die dadurch angeordneten Lenk- und Ruhezeiten auch auf medizinischen Erkenntnissen über die Leistungsfähigkeit eines Autofahrers beruhen, könnte man nun durchaus der Auffassung sein, dass eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Lenkzeiten bzw. eine Unterschreitung der erforderlichen Ruhezeiten eben zu einer mangelnden „körperlichen Leistungsfähigkeit“ führen und damit der Tatbestand des § 315c StGB vorliegt.
Die EU-Länder haben angekündigt, dass die Einhaltung dieser Vorschrift durch verstärkte Kontrollen überprüft werden soll.
Neu ist hier die Möglichkeit, dass nationale Behörden auch Verstöße ahnden können, die in einem anderen Mitgliedstaat begangen wurden.
Davon werden nicht nur Lkw-Fahrer betroffen sein, denn verstärkte Polizei-Präsenz und verstärkte Kontrollen führen immer wieder dazu, dass auch Pkw-Fahrer auffallen.
Den Lkw-Fahrern kann somit nur geraten werden, die neuen Lenk- und Ruhezeiten penibel einzuhalten, auch Pkw-Fahrer sollten überlange Touren ohne ausreichende Pausen vermeiden - bevor der Entzug der Fahrerlaubnis zu einer „überlangen Pause“ führt. ....