Unfall Italien
Autounfälle in Italien
Unzählige Deutsche verbringen jedes Jahr ihren Urlaub in Italien. Und nicht wenige von ihnen
fahren mit dem eigenen Kfz an ihr Urlaubsziel – hinzu kommen noch zahlreiche Berufskraftfahrer.
Unfälle mit Einheimischen oder anderen Reisenden bleiben dabei nicht aus.
Im Gegensatz zum deutschen Recht (§7 StVG) kennt das italienische Recht keine Gefährdungshaftung des Halters. Vielmehr geht das italienische Zivilgesetzbuch in Art. 2054 Codice Civile grundsätzlich davon aus, dass der Fahrer die Schuld an einem Unfall trägt. Demzufolge ist der Fahrer nach italienischem Recht grundsätzlich auch zum Ersatz des entstandenen Sach- und Personenschadens verpflichtet. War der Unfall für den Fahrer unvermeidlich, so gibt ihm das italienische Recht die Möglichkeit den Gegenbeweis zu erbringen.
Stoßen mehrere Fahrzeuge zusammen, so ist – bis zum Gegenbeweis – jeder der beteiligten Fahrer gleichermaßen für den entstandenen Schaden verantwortlich (Art. 2054 Codice Civile). Bei zwei beteiligten Fahrzeugen hat somit grundsätzlich jeder Fahrer die Hälfte des Schadens seines Unfallgegners zu tragen – es sei denn das volle Verschulden eines Fahrers kann bewiesen werden.
Als Beweismittel für den entstandenen Schaden genügen in Italien meist Schadensfotos. Umfangreiche Sachverständigengutachten sind eher unüblich; die Kosten eines Sachverständigengutachtens werden selbst bei Totalschäden von italienischen Haftpflichtversicherungen nur vereinzelt übernommen. Wie in Deutschland wird die für die Schadensabwicklung anfallende Mehrwertsteuer nur erstattet, wenn diese tatsächlich mit der Reparatur angefallen ist. Wertminderungen, Mietwagenkosten und Nutzungs-entschädigungen werden nicht in dem in Deutschland üblichen Umfang erstattet.
Angaben zur Haftpflichtversicherung finden sich bei italienischen Fahrzeugen übrigens auf einere Plakette an der Windschutz- oder Seitenscheibe. Um Verzögerungen bei der Unfallabwicklung zu vermeiden, müssen die entsprechenden Angaben jedenfalls gleich am Unfallort notiert und sollten möglichst in einen Europäischen Unfallbericht (Constatazione amichevole dell´incidente) mit aufgenommen werden.
Kann der Unfallverursacher nicht ermittelt werden oder ist dieser nicht versichert, so können Unfallopfer ihre Schadensersatzansprüche gegenüber dem eigens hierzu eingerichteten Garantiefonds geltend machen (Fondo di Garanzia per le Vittime della Strada). Für Opfer einer Unfallflucht werden Sachschäden allerdings nur dann übernommen, wenn gleichzeitig ein „beträchtlicher“ Personenschaden entstanden ist.
Für die Berechnung von Schmerzensgeldern bestehen in Italien vergleichsweise gut nachzuvollziehende Tabellen - in Deutschland erfolgt nach wie vor eine weitgehende Orientierung an in vergleichbaren Fällen ergangenen Gerichtsurteilen.
Die Schadensabwicklung mit Ausländern erfolgt regelmäßig über den Hauptsitz der italienischen Versicherung in Landessprache. Da Deutsch nur in Südtirol zweite Amtssprache ist, heißt dies, dass die Korrespondenz grundsätzlich auf Italienisch abzuhalten ist. Nach Art 2947 Codice Civile verjähren Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen nach zwei Jahren.
Lässt sich der Unfall nicht außergerichtlich abwickeln, so ist die Verfahrensdauer regelmäßig von wesentlich längerer Dauer als vor deutschen Gerichten. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind nach italienischem Recht grundsätzlich nicht erstattungsfähig, werden aber von Versicherern gelegentlich übernommen um Prozesskosten zu vermeiden.
Strafzettel aus Bella Italia
Wer sich auf Italiens Straßen bewegt kann schnell den Eindruck gewinnen, dass Verkehrsregeln nur den Charakter eines Ratschlags an die Autofahrer haben oder dass diese nicht immer so genau beachtet werden müssen.
Spätestens wenn man aber in eine Verkehrskontrolle der Polizia oder der Carabinieri gerät oder Monate nach der Rückkehr aus Italien mit einem Strafzettel der Polizia Municipale (vergleichbar den deutschen Ordnungsämtern) konfrontiert wird, wird man feststellen, dass dort für Verkehrsverstöße oft erheblich höhere Bußgelder und Geldstrafen verhängt werden als in Deutschland. Die Frist für die Verfolgbarkeit von
Verkehrsverstößen in Italien beträgt zwei Jahre.
Auch in Italien gibt es einen Punktekatalog, der bei wiederholten Verstößen mit einem Fahrverbot für das italienische Staatsgebiet verbunden sein kann. Darüber hinaus kann sich ein Bußgeld für den Fall der Nichtzahlung innerhalb einer Frist von 60 Tagen (sog. pagamento in misrura ridotta) wesentlich erhöhen.
Entgegen den deutschen Regelungen haftet in Italien für einen Verkehrsverstoß neben dem Fahrer
auch der Fahrzeughalter (Art. 196 Codice della Strada).
Zur Zeit sind Bußgelder aus dem EU-Ausland in Deutschland noch nicht vollstreckbar. Denn in Deutschland gibt es auch weiterhin keine gesetzliche Regelung, die die Vollstreckung von Bußgeldern durch Bußgeldbehörden anderer EU-Staaten nach dem EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Geldstrafen oberhalb einer Bagatellgrenze von 70,- € in Deutschland ermöglichen (Ausnahme: Österreich und die Niederlande). Sobald ein entsprechendes Gesetz in Deutschland in Kraft tritt, soll dieses jedenfalls nicht rückwirkend gelten. Erst ab einem Stichtag ab oder nach In-Kraft-Treten der gesetzlichen Umsetzung in Deutschland Gesetzes ist eine Vollstreckung von Bußgeldern aus dem EU-Ausland möglich.
Zwischen Deutschland und Italien besteht allerdings ein Rechtshilfeabkommen über die gegenseitige Rechtshilfe bei Verkehrsordnungswidrigkeiten und bei der Zustellung von Bußgeldbescheiden.
Halteranfragen der italienischen Polizei werden deshalb jedenfalls von den deutschen Behörden beantwortet.
Für den Fall der Nichtzahlung des italienischen Strafzettels droht daher für die gesammte Dauer der fünfjährigen Verjährungsfrist eines rechtskräftigen italienischen Bußgeldbescheids die Gefahr, dass die Strafe bei erneuter Einreise nach Italien vor Ort durch die italienische Polizei oder Justiz vollstreckt wird. Bei Verkehrsstraftaten oder groben Verkehrsverstößen droht sogar eine Ersatzfreiheitsstrafe in Italien.
Grundsätzlich sollte deshalb auch die Einlegung eines Rechtsmittels zur Präfektur erwogen werden – deutsche Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten eines entsprechenden Verfahrens. Der hinzugezogene Rechtsanwalt kann dann die Berechtigung des vorgeworfenen Verkehrsverstoßes überprüfen und innerhalb von 60 Tagen (von Deutschland aus) in italienischer Sprache Rechtsmittel einlegen.
Da nur in der autonomen Provinz Südtirol Deutsch offizielle Amtssprache ist, muss ein gegenüber den italienischen Behörden tätiger Anwalt gute Kenntnisse der italienischen Sprache haben und im Falle
von Vollstreckungsmaßnahmen jederzeit auf italienische Rechtsanwälte zurückgreifen können.
Rechtsanwalt Heiko Jörges
Südenstr. 9, 12169 Berlin
Tel/ Fax 030 – 470 873 79
www.joerges-kanzlei.de
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